
In diesem Beitrag soll die Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) dargestellt werden. Es soll dabei auf die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Prospekthaftung nach den §§ 8 ff. WpPG im Einzelnen eingegangen werden.
Die §§ 8, 9 und 12 WpPG regeln die Haftung des Prospektverantwortlichen (zumeist: des Emittenten) für einen fehlerhaften (d.h. unrichtigem und/oder unvollständigem) Prospekt. § 14 WpPG bestimmt die Voraussetzungen der Haftung, wenn ein Prospekt fehlt.
Demgegenüber betreffen die §§ 11 und 13 WpPG die Haftung für ein fehlerhaftes Wertpapier-Informationsblatt (WIB) und § 15 WpPG bestimmt die Haftung, wenn bei einer Wertpapiermission ein WIB fehlt.
1. Haftung für fehlerhaften Prospekt
Die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Haftung für einen fehlerhaften Prospekt gem. §§ 8, 9 und 12 WpPG sind:
a. Aktivlegitimation
Aktivlegitimiert (d.h. klagebefugt) ist derjenige, der die Wertpapiere nach Veröffentlichung des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere erworben hat (§ 9 Abs. 1 WpPG).
b. Passivlegitimation
Passivlegitimiert ist der Prospektverantwortliche, d.h. derjenige, der für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat (z.B. Anbieter) bzw. derjenige, von dem der Erlass des Prospekts ausgeht (z.B. Hintermänner) (§ 9 Abs. 1 WpPG).
c. Unrichtigkeit des Prospekts
„Unrichtig“ ist ein Prospekt, wenn er nicht der Wahrheit entspricht und „unvollständig“ ist ein Prospekt, wenn er nicht den in Art. 13 EU-Prospekt-VO und den weiteren gesetzlichen Einzelvorgaben entspricht. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung.
d. Wesentliche Angaben im Prospekt
„Wesentlich“ sind solche Angaben, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Hierbei ist auf den Horizont eines aufmerksamen Lesers und durchschnittlichen Anlegers abzustellen. Sofern sich der Emittent ausdrücklich auch an das unkundige Publikum wendet, ist auf einen durchschnittlichen (Klein-) Anleger abzustellen.
e. Kausalität
Zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Wertpapiere muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. § 12 Abs. 2 WpPG). Die Kausalität wird dabei vermutet, so dass die Beweislast für deren Nichtvorliegen der Prospektverantwortliche trägt.
Ergänzend ist anzumerken, dass § 12 Abs. 2 WpPG noch weitere Ausschlussgründe für eine Prospekthaftung vorsieht.
f. Verschulden
Die Haftung setzt schließlich ein Verschulden voraus, d.h. der Prospektverantwortliche muss die Fehlerhaftigkeit des Prospekts gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt haben (§ 12 Abs. 1 WpPG). Das Verschulden wird dabei wiederum vermutet, sodass die Beweislast für eine Nichtverschulden auf Seiten des Prospektverantwortlichen liegt.
g. Verjährung
Für die Verjährung gelten die kenntnisabhängigen Verjährungsregeln des §§ 195, 199 BGB (3 Jahre).
h. Rechtsfolgen
Die Rechtsfolge eines Prospekthaftung nach § 9 WpPG ist nicht voller Schadensersatz, sondern nur die Rückabwicklung des Wertpapiererwerbs. § 9 Abs. 1 und 2 WpPG unterscheiden danach, ob der Anspruchsteller noch Inhaber der Wertpapiere ist (dann Übernahme der Vermögensanlage gegen Erstattung des Erwerbspreises) oder nicht (dann Erstattung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis).
2. Haftung für fehlenden Prospekt
Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Haftung für einen fehlenden Verkaufsprospekt (§ 14 WpPG) sind:
a. Aktivlegitimation
Aktivlegitimiert ist derjenige, der die Wertpapiere vor Veröffentlichung eines Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach dem ersten rechtlichen Angebot im Inland (§ 14 Abs. 1 WpPG).
b. Passivlegitimation
Passivlegitimiert sind der Emittent und der Anbieter (§ 14 Abs. 1 WpPG).
c. Kausalität
Die Haftung besteht nach § 14 Abs. 4 WpPG nicht, wenn der Erwerber die Pflicht, einen Prospekt zu veröffentlichen, beim Wertpapiererwerb kannte.
d. Verjährung
Für die Verjährung gelten wiederum die kenntnisabhängigen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB (3 Jahre).
e. Rechtsfolgen
Im Hinblick auf die Rechtsfolgen enthält § 14 WpPG eine entsprechende Regelung, wie für die Prospekthaftung für einen fehlerhaften Prospekt (§§ 8, 9 und 12 WpPG) bestimmen.
3. Haftung für ein fehlerhaftes und fehlendes WIB
Schließlich bestimmen die §§ 11 und 13 WpPG die Haftung für ein fehlerhaftes Wertpapier-Informationsblatt (WIB) und § 15 WpPG bestimmt die Haftung, wenn bei einer Wertpapieremission ein WIB fehlt.
Dr. Ingo Janert (Stand: 14. Oktober 2021, Bild von Steve Buissinne auf Pixabay)
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