Prospekthaftung nach VermAnlG

In diesem Beitrag soll die Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) dargestellt werden. Es soll dabei auf die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Prospekthaftung nach den §§ 20 ff. VermAnlG im Einzelnen eingegangen werden.

§ 20 VermAnlG regelt die Haftung bei fehlerhaftem (d.h. unrichtigem und/oder unvollständigem) Verkaufsprospekt. § 21 VermAnlG bestimmt, dass auch für einen fehlenden Verkaufsprospekt zu haften ist. Schließlich ordnet § 22 VermAlG auch eine Haftung bei einem unrichtigen VIB an.

1. Haftung für fehlerhaften Verkaufsprospekt  

Die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Haftung für einen fehlerhaften Verkaufsprospekt (§ 20 VermAnlG) sind:

a. Aktivlegitimation

Aktivlegitimiert (d.h. klagebefugt) ist derjenige, der die Vermögensanlage nach Veröffentlichung des Verkaufsprospekts und während der Dauer des öffentlichen Angebots nach § 11 VermAnlG, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlage im Inland erworben hat (§ 20 Abs. 1 S. 1 VermAnlG).

b. Passivlegitimation

Passivlegitimiert ist der Prospektverantwortliche, d.h. derjenige, der für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat (z.B. Anbieter) bzw. derjenige, von dem der Erlass des Verkaufsprospekts ausgeht (z.B. Hintermänner) (§ 20 Abs. 1 VermAnlG).

c. Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts

„Unrichtig“ ist ein Verkaufsprospekt, wenn er nicht der Wahrheit entspricht und „unvollständig“ ist ein Prospekt, wenn er nicht den in § 8 Abs. 3 VermAnlG i.V.m. VermVerkProspV enthaltenen Vorgaben entspricht. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung.

d. Wesentliche Angaben im Verkaufsprospekt

„Wesentlich“ sind solche Angaben, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Hierbei ist auf den Horizont eines aufmerksamen Lesers und durchschnittlichen Anlegers abzustellen. Sofern sich der Emittent ausdrücklich auch an das unkundige Publikum wendet, ist auf einen durchschnittlichen (Klein-)Anleger abzustellen.

e. Kausalität

Zwischen dem fehlerhaften Prospekt und dem Erwerb der Vermögensanlage muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (§ 20 Abs. 4 VermAnlG). Die Kausalität wird dabei vermutet, so dass die Beweislast für deren Nichtvorliegen der Prospektverantwortliche trägt.

f. Verschulden

Die Haftung setzt schließlich ein Verschulden voraus, d.h. der Prospektverantwortliche muss die Fehlerhaftigkeit des Prospekts gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt haben (§ 20 Abs. 3 VermAnlG).

g. Verjährung

Für die Verjährung gelten die kenntnisabhängigen Verjährungsregeln des §§ 195, 199 BGB (3 Jahre).

h. Rechtsfolgen

Die Rechtsfolge einer Prospekthaftung nach § 20 VermAnlG ist nicht voller Schadensersatz, sondern nur die Rückabwicklung. § 20 VermAnlG unterscheidet danach, ob der Anspruchsteller noch Inhaber der Vermögensanlage ist (dann Übernahme der Vermögensanlage gegen Erstattung des Erwerbspreises) oder nicht (dann Erstattung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis).

2. Haftung für fehlenden Verkaufsprospekt     

Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Haftung für einen fehlenden Verkaufsprospekt (§ 21 VermAnlG) sind:

a. Aktivlegitimation

Aktivlegitimiert ist derjenige, der die Vermögensanlage vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts und innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlage im Inland erworben hat (§ 21 Abs. 1 VermAnlG).

b. Passivlegitimation

Passivlegitimiert sind der Emittent und der Anbieter (§ 21 Abs. 1 VermAnlG).

c. Kausalität und Verschulden

Die Haftung setzt schließlich wiederum Kausalität und Verschulden voraus (str.).

d. Verjährung

Für die Verjährung gelten wiederum die kenntnisabhängigen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB (3 Jahre).

e. Rechtsfolgen

Im Hinblick auf die Rechtsfolgen enthält § 21 VermAnlG eine dem § 20 VermAnlG entsprechende Regelung.

3. Haftung für ein fehlerhaftes VIB

Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für die Haftung für ein fehlerhaftes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) (§ 22 VermAnlG) sind:

a. Aktivlegimation

Aktivlegitimiert ist derjenige, der die Vermögensanlage nach Veröffentlichung des Prospekts und während der Dauer des öffentlichen Angebots nach § 11 VermAnlG, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlage im Inland erworben hat (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 VermAnlG).

b. Passivlegitimation

Passivlegitimiert ist nur der Anbieter der Vermögensanlage (§ 22 Abs. 1 VermAnlG).

c. Unrichtigkeit des VIB

Voraussetzung der Haftung ist das Vorliegen irreführender, unrichtiger oder nicht mit den einschlägigen Stellen des Verkaufsprospekts vereinbare Angaben (§ 22 Abs. 1 VermAnlG).

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das VermAnlG keine Haftung für eine Unvollständigkeit des VIB oder für ein fehlendes VIB vorsieht.

d. Kausalität

Zwischen dem fehlerhaften VIB und dem Erwerb der Vermögensanlage muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (§ 22 Abs. 1 VermAnlG). Aus der Formulierung „auf Grund“ ist zu schließen, dass den Anleger die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität trifft.

e. Verschulden

Die Haftung setzt schließlich ein Verschulden voraus, d.h. der Anbieter muss die Fehlerhaftigkeit des VIB gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt haben (§ 22 Abs. 3 VermAnlG).

f. Verjährung

Für die Verjährung gelten die kenntnisabhängigen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB (3 Jahre).

g. Rechtsfolgen

Im Hinblick auf die Rechtsfolgen enthält § 22 VermAnlG eine dem § 20 VermAnlG entsprechende Regelung.

(Stand: 02. November 2019, Bild von Julius Silver auf Pixabay)

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