Unter dem seit dem Jahr 2015 neu geschaffenen europäischen Finanzinstrument ELTIF versteht man European Long-Term Investment Fund. Mit diesem Finanzinstrument können ab dem 10. Januar 2024 auch Privatanleger langfristig z.B. in Infrastrukturprojekte oder Sachwerte (wie z.B. Windkraftanlagen) investieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über dieses spezielle europäische Finanzinstrument.
1. Einführung
ELTIF besteht für European Long-Term Investment Fund und lässt sich übersetzen als „europäischer langfristiger Investmentfonds“. Dieses neue Finanzinstrument wurde seitens der EU bereits im Jahr 2015 geschaffen, um langfristige Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu fördern.
Der Investmentfonds führte in den vergangenen Jahren eher ein Schattendasein. Grund hierfür war, dass bisher vor allem institutionelle und vermögende Anleger in diesen Investmentfonds investieren konnten. Mit der überarbeiteten ELTIF-Verordnung vom 15. Februar 2023, die am 8. April 2023 Kraft hat, ist es nunmehr ab dem 10. Januar 2024 auch Privatanlegern möglich, in ELTIF´s zu investieren. Die frühere Mindesteinlageschwelle von Euro 10.000,00 und das notwendige Mindestnettovermögen von Euro 100.000,00 einschließlich der damit verbundenen Vermögensprüfung wurden abgeschafft. Eine kurze Erläuterung der verschiedenen Typen der Anleger finden Sie hier.
In der Vergangenheit wurden langfristige Investitionen z.B. den Infrastrukturprojekte vor allem national und dabei hauptsächlich von Banken und institutionellen Anlegern finanziert. Mit der überarbeiteten ELTIF-VO besteht nunmehr die Möglichkeit, dass Anleger europaweit langfristig etwa in Projekte der Nachhaltigkeit, der Digitalisierung oder der Energiewende investieren können. Hierdurch besteht unter anderem auch die Möglichkeit, dass vermehrt sog. Public Private Partnership-Projekte im Infrastrukturbereich (z.b. grüne Stromnetze) geschaffen werden.
2. Rechtsgrundlage des ELTIF
Mit der Verordnung (EU) 2015/760 vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds (sog. ELTIF-VO), die am 8. Juni 2015 in Kraft trat, wurde das eigenständige europäische Investmentvehikel geschaffen. Seit dem 9. Dezember 2015 galt die Verordnung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Am 15. Februar 2023 wurde die überarbeitete ELTIF-Verordnung verabschiedet. Sie trat am 8. April 2023 in Kraft. Die ELTIF-VO finden Sie hier.
Ziel dieses Investmentfonds ist es dabei, im Einklang mit dem Ziel eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums Kapital zu beschaffen und langfristigen europäischen Investitionen in die Realwirtschaft zu ermöglichen (Art. 1 Abs. 2 ELTIF-VO).
3. Rechtsnatur des ELTIF
Bei diesem Finanzinstrument handelt es sich um einen alternativen Investmentfonds mit Sitz in der EU oder um einen EU-AIF-Teilfonds, der in der EU als europäischer langfristiger Investmentfonds vertrieben wird (Art. 1 Abs. 1 ELTIF-VO).
Der ELTIF ist ein Finanzinstrument in Gestalt eines Wertpapiers. Was ein Finanzinstrument ist, erfahren Sie hier. Der ELTIF hat eine Wertpapierkennnummer und wird im Wertpapierdepot des Anlegers mit einem Kurs verbucht, der mindestens vierteljährlich zum Nettoinventarwert bewertet wird. Durch diese Transparenz hat der Anleger durchgängig ein aktuelles Bild seines Investments.
Die Zulassung als ELTIF können nur von einem EU-AIF beantragt werden. Die Zulassung erfolgt nach Maßgabe der ELTIF-VO und gilt in allen Mitgliedstaaten der EU. Die ESMA führt dabei ein öffentliches Zentralregister, in dem jeder nach der ELTIF-VO zugelassene ELTIF öffentlich zugänglich gemacht wird.
Der europäische langfristige Investmentfonds kann wie folgt kurz beschrieben werden:
- Alternativer Investmentfonds (AIF)
- langfristige Anlage in Sachwerte, Infrastruktur oder mittelständische Unternehmen
- strenge Reglementierung und die Diversifizierung zum Schutz der (Privat-) Anleger.
Welche Haltefristen für diese Investmentfonds gelten – also ob und wann die Fondsanteile zurückgegeben werden können –, variiert dabei je nach Produkt.
4. Anlagespektrum eines ELTIF
Der europäische langfristige Investmentfonds kann in die nachfolgenden Assetklassen investieren:
- Anteile an Unternehmen (Private Equity)
- Vergabe von Krediten (Private Debt)
- Investitionen in die Infrastruktur (z.B. Flugzeuge, Flughäfen, Schiffe, Häfen, Mautstraßen, Kraftwerke, Erneuerbare Energien, Abfallentsorgungsinfrastruktur und Telekommunikationsnetzwerke).
Weitere Investitionsmöglichkeiten des Investmentfonds sind:
- Sachwerte, deren Entwicklung langfristiges Kapital benötigt (Mindestwert Euro 1 Million)
- Geistiges Eigentum und andere immaterielle Vermögenswerte (z.B. Bildung, Forschung, Entwicklung)
- Umbrella Funds (z.B. andere ELTIF´s, EuVECA, EuSEF sowie bestimmte Infrastrukturfonds).
Der Investmentfonds muss mindestens 55 Prozent seines Geldes in illiquide Assetklassen investieren (sog. 55 Prozent-Regel). Die Fremdfinanzierungsquote beträgt 50 Prozent, sodass der Fonds nun nicht nur Investments tätigen, sondern auch seine Liquidität sichern kann. Dadurch stehen dem europäischen langfristigen Investmentfonds potentiell höhere Renditechancen offen.
5. Schutz der Anleger
Der Schutz der Anleger bei diesem Investmentfonds wird vor allem durch die nachfolgenden Schutzmechanismen sichergestellt:
- Zulassungspflicht des Investmentfonds
- Festlegung auf bestimmte Anlageklassen
- Diversifikation, d.h. max. 20 Prozent des Anlagevermögens dürfen in einem einzelnen Asset, wie z.B. in einem Unternehmen, investiert werden
- Ausschluss der Spekulation, d.h. Derivate dürfen nur zur Kapitalabsicherung zum Einsatz kommen, Leerverkäufe sowie Investitionen in Rohstoffe sind nach der ELTIF-VO verboten.
Dr. Ingo Janert (Stand: 08. Januar 2024, Bild von Tom auf Pixabay)