Einführung in das Recht der Vermögensanlagen

In diesem Beitrag soll eine Einführung in das Recht der Vermögensanlagen gegeben werden. Das Vermögensanlagerecht ist in Deutschland im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) kodifiziert. Das VermAnlG ist seit dem Jahr 2012 in Kraft und hat das frühere Vermögensanlagen-Verkaufsprospektgesetz abgelöst.

1. Begriff der Vermögensanlage

Das VermAnlG ist auf Vermögensanlagen anzuwenden, die im Inland öffentlich angeboten werden (§ 1 Abs. 1 VermAnlG). Vermögensanlagen sind dabei bestimmte in § 1 Abs. 2 VermAnG definierte Kapitalmarktprodukte, die nicht Wertpapiere i.S.d. WpPG oder Investmentvermögen i.S.d. KAGB sind.

Im Hinblick auf die Prüfung, ob ein Kapitalmarktprodukt als Vermögensanlage rechtlich einzuordnen ist und damit unter das VermAnlG fällt, ist daher immer zuvor zu prüfen, ob es sich um ein Wertpapier i.S.d. WpPG (Abgrenzung: Fungibilität) oder ob es sich um ein Investmentvermögen i.S.d. KAGB (Abgrenzung: materieller Investmentfondsbegriff) handelt. Schließlich darf sich auch nicht um ein Einlagengeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG handeln (§ 1 Abs. 2 a.E. VermAnlG) (vgl. nur Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 132).

Die Vermögensanlage gehört andererseits zu den Finanzinstrumenten (§ 2 Abs. 4 Nr. 7 WpHG), was deshalb bedeutsam ist, weil der Oberbegriff des Finanzinstruments der zentrale Anknüpfungsbegriff für die wichtigsten Regelungen der MAR (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 MAR) und des WpHG (§ 2 Abs. 4 WpHG) ist.

2. Vermögensanlagen des VermAnlG

Nach § 1 Abs. 2 VermAnlG sind die nachfolgend genannten Kapitalmarktprodukte als Vermögensanlagen rechtlich zu qualifizieren:

a. Anteile am Ergebnis eines Unternehmens

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG unterfallen Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, dem VermAnlG. Hierunter fallen Anteile an einer GmbH, Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) sowie stille Beteiligungen (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 132).

b. Treuhandvermögen

Unter den Anwendungsbereich des VermAnlG fallen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter im eigenen Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (sog. Treuhandvermögen).

c. Partiarische Darlehen

Das Beteiligungsdarlehen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG, das auch unter das VermAnlG fällt, zeichnet sich dadurch aus, dass als Entgelt für die Überlassung des Darlehens ein Anteil am Gewinn oder Umsatz eines Unternehmens/Geschäfts vereinbart wird.

d. Nachrangdarlehen

Bei einem Nachrangdarlehen, das gem. § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG in den Anwendungsbereich des VermAnlG fällt, handelt es sich um ein Darlehen, bei der die Rückzahlung des Darlehens mit der aufschiebenden Bedingung des Nachrangs im Fall der Insolvenz/Liquidation des Emittenten vereinbart wird (sog. Mezzanine-Kapital).

Der Anleger erhält sein Kapital bei Insolvenz des Emittenten nur zurück, wenn nach Befriedigung aller anderen Insolvenzgläubiger (z.B. Banken oder Lieferanten) noch Vermögen vorhanden sein sollte (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 133).

e. Genussrechte

Unter das VermAnlG fallen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG ferner auch Genussrechte. Hierbei handelt es um schuldrechtliche Vertragsverhältnisse, die dem Gläubiger einen Gewinnanspruch, aber keine Beteiligung an einem Unternehmen gewähren, d.h., der Anleger hat kein Mitspracherecht am Unternehmen.

Ein Genussrecht darf nicht mit einem Genussschein verwechselt werden. Wenn ein Genussrecht verbrieft wird, ist es fungibel (d.h. marktfähig) und man spricht dann von einem Genussschein. Ein Genussschein gehört aufgrund seiner Fungibiliät gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG zu den Wertpapieren.

f. Namensschuldverschreibungen

Namensschuldverschreibungen sind Schuldverschreibungen, die auf einen bestimmten Gläubiger lauten und die – anders als Inhaberschuldverschreibungen – nicht am Markt handelbar sind (d.h. keine Fungibilität). Namensschuldverschreibungen fallen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 6 VermAnlG in den Anwendungsbereich des VermAnlG.

g. Sonstige Vermögensanlagen

Im Sinne einer Generalklausel unterfallen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG schließlich „sonstige Vermögensanlagen“ dem VermAnlG. Hierbei handelt es sich um Kapitalanlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren (1. Alt.) oder einen auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln oder in Aussicht stellen (2. Alt.).

Beispiele für Vermögensanlagen i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 7 1. Alt. VermAnlG (Rückzahlungsalternative) sind Investments in Container oder in Kinofilme, wenn dies mit einem Anspruch auf Rückzahlung und laufende Verzinsung verbunden ist. Zu den Vermögensanlagen i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 7 2. Alt. VermAnlG (Barausgleichsalternative) gehören etwa Investments in eine Teakholzplantage, wenn am Ende der Laufzeit die Rückzahlung des Kapitals ohne Zins, aber mit Gewinn oder Verlust versprochen wird (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 135).

3. Rechtsfolgen aus der Einordnung als Vermögensanlage

Ist ein Kapitalmarktprodukt als Vermögensanlage i.S.v. § 1 Abs. 1 zu qualifizieren, darf es im Inland grundsätzlich (Ausnahmen: §§ 2 ff. VermAnlG) nur auf der Grundlage eines von der BaFin gebilligten Verkaufsprospekts (§ 6 VermAnlG) und genehmigten Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) (§ 13 VermAnlG) öffentlich angeboten werden.

Wird eine Vermögensanlage ohne die erforderliche Billigung des Verkaufsprospekts bzw. VIB vertrieben, kann die BaFin das öffentliche Angebot untersagen. Darüber hinaus besteht eine zivilrechtliche Haftung des Emittenten (§ 21 VermAnlG). Schließlich stellt dies auch eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 29 Abs. 1 Nr. 1b VermAnlG)

(Stand: 22. August 2023, Bild von Pexels auf Pixabay)