Das Investmentvermögen

In diesem Beitrag soll zunächst auf den Begriff und die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Investmentvermögens eingegangen werden. Sodann wird dargestellt, welche Konsequenzen sich aus der Einordnung als Investmentvermögen ergeben.

1. Begriff des Investmentvermögens

Das KAGB verwendet einen sog. materiellen Investmentfondsbegriff. Das bedeutet, dass das KAGB jedes Fondsvehikel erfasst und es daher nur erlaubte oder unerlaubte Investmentvermögen gibt. Aus diesem Grund ist der Begriff des Investmentvermögens von zentraler Bedeutung im KAGB.

Ein Investmentvermögen ist jeder Organismus für gemeinsame Anlagen, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist (§ 1 Abs. 1 S. 1 KAGB). Die BaFin hat in einem praktisch wichtigen Auslegungsschreiben den Begriff des Investmentvermögens zu definieren versucht.

2. Einzelne Tatbestandsmerkmale des Investmentvermögens

a. Organismus

Unter dem Begriff des Organismus wird ein Vehikel verstanden, in dem das externe, von den Anlegern eingesammelte Kapital “gepoolt” wird. Entscheidend ist, dass ein rechtlich oder wirtschaftlich (z.B. durch einen getrennten Rechnungskreis) verselbständigtes gepooltes Vermögen aufgelegt wird.

Das Vorliegen einer bestimmten Rechtsform ist dagegen für das Vorliegen eines Organismus nicht erforderlich. Alle denkbaren Rechtsformen (z.B. Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts) sind vom Begriff des Organismus erfasst.

Es kommt auch nicht darauf an, in welcher Form der Anleger an dem Vermögen beteiligt ist. Die Beteiligung des Anlegers kann gesellschaftsrechtlich, mitgliedschaftlich oder schuldrechtlicher Natur sein. Folglich ist jede Art der Beteiligung des Anlegers denkbar (z.B. stille Beteiligung, Genussrecht oder Schuldverschreibung) (vgl. nur Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 92).

b. Für gemeinsame Anlagen

Das Merkmal für gemeinsame Anlagen liegt vor, wenn die Anleger an den Chancen und Risiken des Produkts beteiligt werden, d.h. wenn sowohl eine Gewinn- als auch eine Verlustbeteiligung besteht. Das Merkmal ist nicht gegeben, wenn der Anleger einen unbedingten Kapitalrückzahlungsanspruch hat oder wenn ein sog. qualifizierter Rangrücktritt vereinbart wurde. In diesem Fall ist aber daran zu denken, ob ein Einlagengeschäft im Sinne des KWG vorliegt oder nicht.

c. Einsammlung von Kapital

Dieses Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn ein Organismus oder eine Person oder Unternehmen für Rechnung dieses Organismus direkte oder indirekte Schritte unternimmt, um gewerblich bei einem oder mehreren Anlegern Kapital zu beschaffen.

Am gewerblichen Anwerben fehlt es, wenn z.B. ein Family Office das Kapital von Familienangehörigen (Eltern, Geschwister, Kinder, Neffen, Nichten und Enkel, Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins ersten Grades und die jeweiligen Hinterbliebenen) investiert, ohne das Kapital von Dritten (z.B. Freunden) zu beschaffen. Dieses Tatbestandsmerkmal ist auch dann nicht gegeben, wenn sich verschiedene Personen privat zur gemeinsamen Anlage ihres Privatvermögens in einen Investmentclub zusammenschließen (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 93).

d. Anzahl von Anlegern

Dieses Merkmal ist gegeben, wenn weder die Anlagebedingungen noch die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag des Organismus die Anzahl möglicher Anleger begrenzen.

Es kommt damit nicht darauf an, ob tatsächlich mehrere Anleger an dem Organismus beteiligt sind. Vielmehr reicht es aus, wenn theoretisch die Möglichkeit besteht, dass sich mehrere Anleger an dem Organismus beteiligen können.

e. Festgelegte Anlagestrategie

Ein Organismus hat dann eine festgelegte Anlagestrategie, wenn er im Rahmen einer Strategie festlegt, wie das gemeinschaftliche Kapital verwaltet werden muss, damit es einen gemeinsamen Return für die Anleger generiert.

Eine festgelegte Anlagestrategie unterscheidet sich von einer allgemeinen Unternehmensstrategie dadurch, dass die Anlagekriterien genau bestimmt und die unternehmerischen Handlungsspielräume in den Anlagebedingungen, der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt sind.

f. Investition zum Nutzen der Anleger

Dieses Tatbestandsmerkmal verlangt, dass das eingesammelte Kapital nicht zum Nutzen des eigenen Unternehmens, sondern zum Nutzen der Anleger investiert wird (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 94).

g. Operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors

Nicht zum Investmentvermögen gehören schließlich operativ tätige Unternehmen außerhalb des Finanzsektors. Hierunter werden Unternehmen verstanden, die Immobilien entwickeln oder errichten, Güter und Handelswaren produzieren, kaufen, verkaufen, tauschen oder sonstige Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors anbieten.

Eine operative Tätigkeit ist etwa die Erzeugung erneuerbarer Energien (Biogas-, Solar- und Windkraftanlagen). Demgegenüber ist ein Leasingunternehmen, das im Wege des Finanzierungsleasings bewegliche Wirtschaftsgüter verleast, im Finanzsektor tätig und fällt damit in den Anwendungsbereich des KAGB (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 94).

3. Gesetzliche Anforderungen an die Verwaltung des Investmentvermögens

Abhängig von der Art des Investmentvermögens bestimmt das KAGB, in welche Vermögensgegenstände die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) das eingesammelte Kapital auf welche Art und Weise investieren darf.

a. OGAW

Ein OGAW darf nur in die in §§ 193 bis 199 KAGB genannten Vermögensgegenstände investieren (§ 192 KAGB). Hierzu gehören etwa börsengehandelte Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Bankguthaben, andere Investmentanteile sowie bestimmte Derivate. Darüber hinaus sieht das KAGB zum Schutz des Investmentvermögens etwa auch verschiedene Investitionsgrenzen vor (§ 206 KAGB).

b. AIF

Beim AIF sind die gesetzlichen Anforderungen an die Verwaltung des Investmentvermögens etwas komplizierter ausgestaltet, weil das KAGB zwischen Publikums-AIF und Spezial-AIF sowie zwischen offenen und geschlossenen AIF unterscheidet.

  • Offener Publikums-AIF: Ein offener Publikums-AIF (§§ 214 bis 260 KAGB; alle Anlegerklassen, wobei die Anleger ein Rückgaberecht haben) muss nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt sein und darf nur als gemischtes Investmentvermögen (§§ 218 und 219 KAGB), als sonstiges Investmentvermögen (§§ 220 bis 224 KAGB), als Dach-Hedgefonds (§§ 225 bis 229 KAGB) oder als Immobilien-Sondervermögen (§§ 230 bis 260 KAGB) aufgelegt werden (§ 214 KAGB).
  • Geschlossener Publikums-AIF: Im Unterschied zum offenen Publikums-AIF sind die Anforderungen an die Verwaltung des Investmentvermögens bei einem geschlossenen Publikums-AIF (§§ 261 bis 272 KAGB; alle Anlegerklassen, wobei die Anleger kein Rückgaberecht haben) deutlich geringer (§§ 261 bis 272 KAGB). Die KVG kann etwa auch in Sachwerte (z.B. Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Züge und Container) investieren. Auch die Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen (sog. Private Equity Fonds) sind zulässig. Der Grundsatz der Risikomischung ist weniger streng ausgeprägt als beim offenen Publikums-AIF (§ 262 KAGB).
  • Offener Spezial-AIF: Ein offener Spezial-AIF (§§ 273 bis 285 KAGB; nur professionelle und semiprofessionelle Anleger, wobei die Anleger ein Rückgaberecht haben) kann als allgemeiner offener Spezial-AIF (§ 282 KAGB), als Hedgefonds (§ 283 KAGB) und als offener Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB) aufgelegt werden. Ein allgemeiner offener Spezial-AIF kann z.B. in alle Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann.
  • Geschlossener Spezial-AIF: Ein geschlossener Spezial-AIF (§§ 273 bis 277, 285 f. KAGB; nur professionelle und semiprofessionelle Anleger, bei die Anleger kein Rückgaberecht haben) unterliegt gegenüber dem offenen Spezial-AIF geringeren Anforderungen an die Verwaltung des Investmentvermögens. Geschlossene Spezial-AIF erwerben in der Praxis oft als sog. Private-Equity-Fonds Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen (vgl. nur Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 114). Erwirbt ein solcher Privat-Equity-Fonds bestimmte Schwellenwerte bei den Stimmrechten, sieht § 289 KAGB – vergleichbar mit den Mitteilungspflichten gem. §§ 33 ff. WpHG – verschiedene Mitteilungspflichten vor.

4. Gesetzliche Anforderungen an die Rechtsform des Investmentvermögens

Die Rechtsform des Investmentvermögens hängt davon ab, ob es sich bei dem Investmentvermögen um ein offenes oder geschlossenes Investmentvermögen handelt.

a. Offenes Investmentvermögen

Ein offenes Investmentvermögen darf nur als Sondervermögen oder als Investmentaktiengesellschaft (sog. Investment-AG) mit veränderlichem Kapital aufgelegt werden (§ 91 KAGB). Ein Spezial-AIF kann gem. § 91 Abs. 2 KAGB) auch in der Rechtsform einer Investment-KG aufgelegt werden (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 117).

  • Sondervermögen: Je nach vertraglicher Ausgestaltung stehen die Vermögensgegenstände entweder im Miteigentum der Anleger oder im Eigentum der KVG (§ 92 Abs. 1 KAGB). Die KVG ist berechtigt, im eigenen Namen über die Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Anlagebedingungen zu verfügen (§ 93 Abs. 1 KAGB) und Rechte (z.B. Stimmrechte aus Beteiligungen des Sondervermögens) auszuüben (§ 94 Abs. 1 KAGB).
  • Investment-AG mit veränderlichem Kapital: An der Investment-AG mit veränderlichem Kapital sind die Anleger als Anlageaktionäre in der Höhe ihrer Einlage am Gesellschaftskapital beteiligt. Da die Investment-AG eine Aktiengesellschaft ist, gelten für sie neben den vorrangig anzuwendenden Vorschriften des KAGB (§§ 108 ff. KAGB) die Bestimmungen des AktG. Je nachdem, ob der Vorstand die Anlage und Verwaltung des Investmentvermögens selbst verantwortet oder nicht, wird insoweit von einer internen bzw. externen KVG gesprochen. Da es sich um ein offenes Investmentvermögen handelt und die Anleger daher einen Anspruch auf Rückgabe ihrer Anteile haben, verändert sich das Gesellschaftskapital dieser Gesellschaft – ohne die Notwendigkeit, eine förmliche Kapitalerhöhung und -herabsetzung wie im AktG vorzunehmen – fortlaufend, so dass von einer Investment-AG mit veränderlichem Kapital gesprochen wird.
  • Offene Investment-KG: Ein offener Spezial-AIF kann auch als offene Investment-KG aufgelegt werden (§ 91 Abs. 2 KAGB). Da diese Gesellschaft eine Kommanditgesellschaft ist, gelten für sie neben den vorrangig anzuwendenden Vorschriften des KAGB (§§ 124 ff. KAGB) die Bestimmungen des HGB. Im Unterschied zur handelsrechtlichen KG sieht das KAGB verschiedene Bestimmungen zum Schutz der Anleger vor: Hat der Anleger seine Einlage erbracht, erlischt der Anspruch der offenen Investment-KG auf Leistung der Einlage, so dass eine Nachschusspflicht des Anlegers nicht besteht (§ 127 Abs. 3 KAGB). Weiter ist der Ausschluss der Verlustausgleichspflicht (§ 707 BGB, § 171 Abs. 1 HGB) zwingend vorgeschrieben (§ 127 Abs. 3 KAGB). Schließlich wird die Haftung der Kommanditisten im Beitrittsstadium gem. § 176 HGB beschränkt, indem der Anleger erst als beigetreten gilt, wenn er im Handelsregister eingetragen wird (§ 127 Abs. 4 KAGB).

b. Geschlossenes Investmentvermögen

Ein geschlossenes Investmentvermögen darf nur als Investment-AG mit fixem Kapital und als geschlossene Investment-KG aufgelegt werden (§ 139 KAGB). Ein Sondervermögen wie beim offenen Investmentvermögen darf nicht gebildet werden (vgl. nur Poelzig, a.a.O., Rn. 122).

  • Investment-AG mit fixem Kapital: An der Investment-AG mit fixem Kapital sind die Anleger als Aktionäre in der Höhe ihrer Einlage am Gesellschaftskapital beteiligt. Wie auch bei der Investment-AG mit veränderlichem Kapital gelten neben den Bestimmungen des KAGB (§§ 140 ff. KAGB) wiederum die Bestimmungen des AktG und es kann auch zwischen einer internen und externen KVG unterschieden werden. Da es sich um ein geschlossenes Investmentvermögen handelt und die Anleger daher nicht ein Rückgaberecht ihrer Anteile haben, ist das Gesellschaftskapital dieser Gesellschaft nicht variabel. Vielmehr geltend für die Kapitalerhöhung und -herabsetzung die förmlichen Bestimmungen des AktG, weshalb insoweit von einer Investment-AG mit fixem Kapital gesprochen wird.
  • Geschlossene Investment-KG: Für diese Rechtsform gelten die Bestimmungen des HGB neben den vorrangig anzuwendenden Vorschriften des KAGB (§§ 149 ff. KAGB). Wie auch bei der offenen Investment-KG sind die Anleger besonders geschützt (§ 152 Abs. 3 KAGB).

5. Erlaubnispflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaft

Für die Verwaltung eines Investmentvermögens bedarf es der Erlaubnis als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) durch die BaFin.

a. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Die Ausnahmen von der Erlaubnispflicht für die Verwaltung eines Investmentvermögens sind in § 2 KAGB geregelt. Ausgenommen von der Erlaubnispflicht sind z.B.

b. Sanktionen bei einer unerlaubten Verwaltung eines Investmentvermögens

Wird ein Investmentvermögen ohne die erforderliche Erlaubnis verwaltet, kann die BaFin hiergegen einschreiten und z.B. die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebes anordnen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 KAGB) und einen Abwickler bestellen (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 KAGB).

Darüber hinaus ist das Betreiben einer KVG ohne Erlaubnis gem. § 339 Abs. 1 Nr. 1 KAGB strafbar. Die Strafbarkeit aus dem Betrieb einer KVG ohne Registrierung ergibt sich aus § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KAGB.

In zivilrechtlicher Hinsicht sind indes die im Zusammenhang mit dem unerlaubten Betrieb einer KVG geschlossenen Verträge mit den Anlegern nach wohl h.M. nicht gem. § 134 BGB unwirksam.

(Stand: 18. August 2023, Bild von Steve Buissinne auf Pixabay)

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