Anwendungsbereich des WpÜG

Übernahme

Nachfolgend soll auf die Regelungsziele und den Anwendungsbereich des WpÜG im Einzelnen eingegangen werden.

1.  Regelungsziele des WpÜG

Mit dem In-Kraft-Treten des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) zu Beginn des Jahres 2002 hat Deutschland als eines der letzten Länder innerhalb der EU allgemeinverbindliche Regeln für Übernahmeangebote eingeführt. Das WpÜG hat sich nach Einschätzung vieler Fachleute in der Praxis gut bewährt.

Das WpÜG regelt öffentliche Angebote eines Bieters zum Erwerb von Aktien einer deutschen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und von Gesellschaften mit Sitz im EWR (vgl. § 2 Abs. 3 WpÜG). Damit werden alle öffentlichen Offerten erfasst.

Das WpÜG verfolgt vor allem vier Ziele:

  • Schaffung von Leitlinien für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren, ohne Unternehmensübernahmen zu fördern oder zu behindern
  • Verbesserung der Information und der Transparenz für die betroffenen Wertpapierinhaber und Arbeitnehmer
  • Stärkung der rechtlichen Stellung von Minderheitsaktionären bei       Unternehmensübernahmen
  • Orientierung an international üblichen Standards

2. Anwendungsbereich des WpÜG

Das WpÜG findet nach § 1 WpÜG auf alle öffentlichen Kauf- und Tauschangebote Anwendung, die auf den Erwerb von Wertpapieren ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.

Ein „öffentliches Angebot“ i.S.v. § 2 Abs. 1 WpÜG ist z.B. gegeben, wenn es sich an alle Aktionäre richtet, gleich ob das Angebot in einer überregionalen Tageszeitung veröffentlicht wird, jeder Aktionär das Angebot per Brief erhält oder das Angebot im Internet veröffentlicht wird.

Mit dem Tatbestandsmerkmal „Wertpapiere“ i.S.v. § 2 Abs. 2 WpÜG werden nur Aktien bzw. mit Aktien vergleichbare Wertpapiere sowie Wertpapiere erfasst, die den Erwerb von Aktien und mit Aktien vergleichbare Wertpapiere verbriefen. Das WpÜG findet danach keine Anwendung z.B. auf Schuldverschreibungen.

Unter einer Zielgesellschaft i.S.v. § 2 Abs. 3 WpÜG wird einerseits eine Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz im Inland sowie Gesellschaften in einem anderen Staat des EWR verstanden.

3. Allgemeine Prinzipien des Übernahmerechts

Das WpÜG formuliert in seinem § 3 einige allgemeine Grundsätze, die für die Bieter sowie für den Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft gelten. Die Inhalte dieser Grundsätze entsprechen im Wesentlichen international anerkannten Standards.

Nach diesen allgemeinen Grundsätzen sind etwa die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die derselben Gattung angehören, gleich zu behandeln (§ 3 Abs. 1 WpÜG). Darüber hinaus müssen die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft über genügend Zeit und ausreichend Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können (§ 3 Abs. 2 WpÜG).

Der Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft müssen im Interesse der Zielgesellschaft handeln (§ 3 Abs. 3 WpÜG). § 3 Abs. 4 WpÜG untersagt eine unangemessene Verzögerung des Übernahmeverfahrens. § 3 Abs. 5 WpÜG bestimmt, dass beim Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffene Gesellschaften keinerlei Marktverzerrung geschaffen werden dürfen.

Dr. Ingo Janert (02. November 2019, Bild von StartupStockPhotos auf Pixabay)

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