Das Effektengeschäft – verständlich erklärt

Effektengeschäft
Börsenhandel an der Euronext in Paris

Der nachfolgende Beitrag hat das Ziel, das im Börsenhandel (sog. Sekundärmarkt) typische Effektengeschäft verständlich zu erklären. Auch wenn es sich um das typische Börsengeschäft handelt, ist das Effektengeschäft rechtlich nicht so einfach zu erklären.

1. Begriff des Effektengeschäfts

Der Begriff „Effekt“ ist ein Sammelbegriff für die am Kapitalmarkt handelbaren Wertpapiere, zu denen etwa Aktien, Anleihen, aber auch Derivate gehören.

Privatanleger können diese Wertpapiere – d.h. also die Effekte – nicht direkt an den Börsen handeln, sondern nur über einen zwischengeschalteten Intermediär (z.B. eine Bank). Unter einem Effektengeschäft versteht man also das typische Börsengeschäft, bei dem der Privatanleger über einen zwischengeschalteten Intermediär (z.B. eine Bank) an der Börse Wertpapiere kauft oder verkauft.

2. Arten des Effektengeschäfts

Wie zuvor dargestellt, können Privatanleger Wertpapiere an der Börse nicht direkt, sondern nur über einen zwischengeschalteten Intermediär (z.B. eine Bank) kaufen oder verkaufen. Hierbei werden zwei Arten des Effektengeschäfts zwischen Privatanleger und Intermediär unterschieden:

a. Festpreisgeschäft

Beim sog. Festpreisgeschäft schließen der Privatanleger und der Intermediär einen Kaufvertrag über den An- oder Verkauf eines Wertpapiers ab. Für die anzukaufenden oder zu verkaufenden Wertpapiere wird ein Festpreis vereinbart, sodass das Beschaffungs- und Kurspreisrisiko beim Intermediär liegen. Der Intermediär bekommt beim Festpreisgeschäft keine Provision, sondern muss seinen Gewinn durch den Kaufpreis erwirtschaften (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 194).

b. Kommissionsgeschäft

Bei dem sog. Kommissionsgeschäft schließen der Privatanleger und der Intermediär einen Kommissionsvertrag über den An- oder Verkauf eines Wertpapiers ab (§§ 383 ff. HGB). Danach ist der Intermediär verpflichtet, den An- oder Verkauf des Wertpapiers an der Börse im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Privatanlegers vorzunehmen. Da der Intermediär das Wertpapier auf Kosten des Privatanlegers an- oder verkauft, liegt das Beschaffungs- und Kurspreisrisiko beim Kommissionsgeschäft beim Privatanleger. Der Intermediär erhält für seine Dienstleistung nur eine Provision (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 193).

3. Abwicklung des Effektengeschäfts

Mit Blick auf die Abwicklung eines Effektengeschäfts in der Gestalt eines Festpreis- oder Kommissionsgeschäfts ist dabei – wie im deutschen Zivilrecht allgemein – zwischen dem (schuldrechtlichen) Verpflichtungsgeschäft einerseits und dem (dinglichen) Verfügungsgeschäft andererseits zu unterscheiden.

a. Verpflichtungsgeschäft

Wenn ein Privatanleger also Wertpapiere an der Börse kaufen möchte, schließt der Intermediär des Privatanlegers an der Börse mit einem anderen Intermediär eines anderen Privatanlegers, der eine entsprechende Anzahl von denselben Wertpapieren verkaufen möchte, einen Kaufvertrag über die Wertpapiere ab. Die Zusammenführung derart passender Kauf- und Verkaufsangebote erfolgt heute über die elektronischen Handelssysteme an den Börsen, wie z.B. dem XETRA-Handelssystem der FWB.

Liegen danach zwei übereinstimmende Kauf- und Verkaufsaufträge vor (sog. matching), tritt in der Regel eine Clearinggesellschaft als sog. zentrale Gegenpartei (sog. central counter party, CCP) in den Kaufvertrag ein und wird Vertragspartner für beide Seiten, so dass Käufer und Verkäufer für den anderen jeweils anonym bleiben. In Deutschland übernimmt vor allem die Eurex Clearing AG, eine Tochtergesellschaft der Deutsche Börse AG, die Funktion als zentrale Gegenpartei (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 195) .

b. Verfügungsgeschäft

Zur Erfüllung des Kaufvertrages sind die Wertpapiere vom Verkäufer an den Käufer zu übereignen (sog. settlement). Die Übereignung eines Wertpapiers erfolgt dabei durch Einigung und Übergabe bzw. Umtragung.

aa. Einigung

Entsprechend dem sachenrechtlichen Grundprinzip ist zunächst eine Einigung zwischen dem Verkäufer und Käufer notwendig. Je nachdem, ob das Wertpapier verbrieft ist oder elektronisch begeben wurde, ist dabei zu unterscheiden.

(1) Verbrieftes Wertpapier

Wenn das Wertpapier durch eine sammelverwahrte Globalurkunde verbrieft ist, beinhaltet der Verkaufsauftrag des Privatanlegers an seinen Intermediär (d.h. an seine Bank) die konkludente Ermächtigung zur eigentumsrechtlichen Übertragung des Wertpapiers (oder genauer: des Miteigentumsanteils am Girosammelbestand). Der Intermediär des Verkäufers gibt deshalb im eigenen Namen ein Angebot auf Übereignung gegenüber der zentralen Gegenpartei ab. Der Intermediär des Käufers nimmt dieses Angebot im Namen des Käufers gegenüber der zentralen Gegenpartei an. Hierin ist die dingliche Einigung zwischen Verkäufer und Käufer zu erblicken (vgl. hierzu auch eingehend Poelzig, a.a.O., Rn. 197).

(2) Elektronisches Wertpapier

Wenn das Wertpapier statt in einer Papierurkunde elektronisch begeben wurde, erfolgt die dingliche Einigung in gleicher Weise. Seit dem 10. Juni 2021 ist das eWpG in Kraft. Nach § 25 Abs. 1 eWpG müssen beide Parteien sich darüber einig sein, dass das Eigentum übergehen soll. Hieraus folgt, dass beim elektronischen Wertpapier das Gleiche gilt wie zuvor beschrieben.

bb. Übergabe

Nach dem sachenrechtlichen Offenkundigkeitsprinzip muss das Wertpapier dann noch vom Verkäufer an den Käufer übergeben werden. Hier ist wiederum danach zu unterscheiden, ob das Wertpapier verbrieft ist oder ob es elektronisch begeben wurde.

(1) Verbrieftes Wertpapier

Wenn das Wertpapier durch eine sammelverwahrte Globalurkunde verbrieft ist, ist die Übergabe rechtlich nicht so einfach zu begründen. Grund hierfür ist, dass die Globalurkunde in Deutschland von der Clearstream Banking S.A. sammelverwahrt wird und – wie zuvor beschrieben – die zentrale Gegenpartei an dem Geschäft beteiligt ist.

Dies geschieht wie folgt: Die Wertpapiersammelbank übt die tatsächliche Sachherrschaft über die Globalurkunde als unmittelbarer Fremdbesitzer aus. Die Globalurkunde befindet sich im Tresor der Wertpapiersammelbank. Der Intermediär des Verkäufers (d.h. die Bank des Verkäufers) ist mittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe und der Verkäufer selbst ist mittelbarer Eigenbesitzer zweiter Stufe.

Die Übertragung des Besitzes erfolgt dann wie folgt: Der Intermediär des Verkäufers (d.h. die Bank des Verkäufers) weist die Wertpapiersammelbank an, den unmittelbaren Besitz an den verkauften Wertpapieren für die zentrale Gegenpartei zu mitteln. Dabei werden die verkauften Wertpapiere vom Depotkonto des Verkäufers auf das der zentralen Gegenpartei umgebucht. Da die Wertpapiere aber sogleich wieder vom Depotkonto der zentralen Gegenpartei auf das Depotkonto des Käufers umgebucht werden, wird erst in diesem letzten Buchungsvorgang ein neues Besitzmittlungsverhältnis begründet. Nunmehr besteht ein Besitzmittlungsverhältnis zum Käufer, indem der Intermediär des Käufers (d.h. die Bank des Käufers) mittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe und der Käufer mittelbarer Eigenbesitzer zweiter Stufe geworden ist. Damit ist der Besitzübergang und damit die Übergabe vollzogen (vgl. hierzu auch eingehend Poelzig, a.a.O., Rn. 198).

(2) Elektronisches Wertpapier

Wenn das Wertpapier elektronisch begeben wurde, ist die Übergabe einfacher nachzuvollziehen, da die sog. Umtragung eines elektronischen Wertpapiers in dem seit dem 10. Juni 2021 in Kraft getretenen eWpG von vornherein an die Umbuchung der Wertpapiere in den Depotkonten anknüpft.

Nach § 25 Abs. 1 eWpG wird die Übergabe beim elektronischen Wertpapier durch die Umtragung des elektronischen Wertpapiers auf Weisung des Berechtigten auf den Erwerber ersetzt. Hierunter wird die depotmäßige Übertragung des elektronischen Wertpapiers, das im zentralen Register eingetragen ist (d.h. wie bei anderen sammelverwahrten Wertpapieren), oder die Aus- und Eintragung bei einem Kryptowertpapier, das in einem dezentralen Kryptowertpapierregister eingetragen ist, verstanden.

4. Zusammenfassung

Privatanleger können Wertpapiere an der Börse nicht direkt, sondern nur über einen zwischengeschalteten Intermediär (z.B. eine Bank) kaufen oder verkaufen. Unter einem Effektengeschäft versteht man das typische Börsengeschäft zum An- oder Verkauf eines Wertpapiers an der Börse.

Das Effektengeschäft kann dabei als Festpreis- oder Kommissionsgeschäft ausgestaltet sein.

Der Kauf eines Wertpapiers erfolgt dadurch, dass über die elektronischen Handelssysteme an den Börsen zueinander passende Kauf- und Verkaufsangebote zusammengeführt werden (sog. matching). Die Eigentumsübertragung der verkauften Wertpapiere erfolgt ganz vereinfacht durch Einigung und Buchung auf den Depotkonten (sog. settlement).

Dr. Ingo Janert (Stand: 28. Juli 2023, Bild von Euronext Paris)