In diesem Beitrag wird auf den Begriff der Börse im Einzelnen eingegangen. Es wird insbesondere die Unterscheidung zwischen der Börse im materiellen und formellen Sinne dargestellt.
1. Regelungsinhalt des Börsengesetzes
Das Börsengesetz regelt die Börse als Handelsveranstaltung und die dort abgeschlossenen Wertpapiergeschäfte. Es wird durch die jeweilige Börsenordnung der betreffenden Börse (z.B. Börsenordnung der FWB) sowie durch weitere Regelungen ergänzt.
2. Begriff und Rechtsnatur der Börse
Das Börsengesetz definiert den Begriff der Börse in § 2 Abs. 1 BörsG. Börsen sind danach teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 11 BörsG). Die Börse ist nach der gesetzlichen Konzeption nur teilrechtsfähig und insbesondere im Zivilprozess nicht parteifähig.
Wertpapierbörsen stellen regulierte Marktplätze zum Handel von Wertpapieren bereit, so dass Unternehmen Zugang zu Kapital erhalten, um sich zu finanzieren und Investoren die Möglichkeit zu geben, ihr Geld anzulegen.
3. Unterscheidung zwischen der Börse im materiellen und formellen Sinne
Mit Blick auf die Börse kann begrifflich weiter zwischen der Börse im materiellen und formellen Sinne unterschieden werden:
a. Börse im materiellen Sinne
Unter einer Börse im materiellem Sinne wird ein multilaterales System verstanden, welches die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten innerhalb des Systems nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen oder das Zusammenbringen fördern, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt (vgl. § 2 Abs. 1 BörsG).
Da beim typischen computergestützten Interbankenhandel die Banken als Marktbetreiber selbst Vertragsparteien sind, handelt es sich bei diesem Interbankenhandel nicht um ein multilaterales System und damit nicht um eine Börse im Sinne des BörsG.
b. Börse im formellen Sinne
Von einer Börse im formellen Sinne wird immer dann gesprochen, wenn eine Börse im materiellen Sinne gem. § 4 Abs. 1 BörsG durch die zuständige Börsenaufsichtsbehörde genehmigt worden ist. Insoweit spricht man von einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Börsenaufsichtsbehörde ist dabei die zuständige oberste Landesbehörde, d.h. in der Praxis die Wirtschafts- und Finanzministerien der Länder.
Wird eine Börse ohne die erforderliche staatliche Erlaubnis im Sinne von § 4 Abs. 1 BörsG betrieben, so kann die Untersagung ihres Betriebes nach dem Ordnungsrecht des betreffenden Bundeslandes angeordnet werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass die in einer unerlaubt betriebenen Börse geschlossenen Börsengeschäfte dennoch wirksam sind.
In Deutschland gibt es mit den Börsen Frankfurt a.M., Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Berlin, Stuttgart und München sowie mit der Tradegate Exchange in Berlin insgesamt 8 Wertpapierbörsen (§ 2 Abs. 2 BörsG). Mit der Eurex Exchange mit Standorten in Eschborn und Frankfurt a.M. gibt es eine Wertpapierterminbörse in Deutschland (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 156).
4. Vom Präsenzhandel zum computergestützten Börsenhandel
Der Börsenhandel vollzog sich ursprünglich in der Weise, dass sich die Börsenmakler vor Ort am Parkett trafen und die Börsengeschäfte abschlossen (sog. Präsenzbörse oder Parketthandel). Heute hat der computergestützte Börsenhandel den Parketthandel weitgehend abgelöst, so dass elektronischen Handelsplattformen, wie z.B. das Handelssystem Xetra, den Börsenhandel abwickeln.
Dr. Ingo Janert (Stand: 08. August 2023, Bild von Csaba Nagy auf Pixabay)