In diesem Beitrag soll darauf eingegangen werden, welche rechtlichen Anforderungen bei der Werbung für Wertpapiere zu beachten sind. Wann Werbung vorliegt, finden Sie hier. Das Werberecht für Wertpapiere wird vor allem durch das europäisches Recht geprägt.
1. Vertrieb mit Prospekt
Erfolgt der Vertrieb eines Wertpapiers mittels eines Wertpapierprospekts, so sind die Bestimmungen der Art. 13 bis Art. 16 der Delegierten Verordnung 2019/979 vom 14. März 2019 („Delegierte Verordnung“) bei der Werbung zu berücksichtigen.
a. Kennzeichnung des Prospekts
Der Wertpapierprospekt ist in der Werbung – unabhängig davon, ob sie schriftlich oder mündlich erfolgt – eindeutig zu kennzeichnen (vgl. Art. 13 Delegierte Verordnung). Die eindeutige Kennzeichnung des Prospekts in der Werbung kann erfolgen,
- durch Angabe der Webseite, auf der der Wertpapierprospekt veröffentlicht wurde, wenn die Werbung in schriftlicher Form und auf anderer Weise als auf elektronischem Wege verbreitet wird (z.B. Anzeigen in Printmedien, Flyer oder Präsentationen in gedruckter Form); hierfür ist m.E. erforderlich, dass in gedruckten Werbematerialien der gesamte Pfad der Webseite anzugeben ist, so dass die potenziellen Anleger den Prospekt (Basisprospekt nebst etwaigen Nachträgen) ohne weiteres finden können,
- durch Setzen eines Hyperlinks zum Wertpapierprospekt, wenn die Werbung in schriftlicher Form auf elektronischem Wege verbreitet wird (z.B. E-Mails und elektronisch versendete Flyer oder Newsletter); hierfür ist m.E. erforderlich, dass der Hyperlink auf eine Webseite führt, auf der der Prospekt (Basisprospekt und etwaige Nachträge) für den potenziellen Anleger ohne weiteres auffindbar sind,
- sowie im Übrigen durch die Aufnahme genauer Informationen über den Ort, wo der Wertpapierprospekt erhältlich ist.
b. Formelle Anforderungen an die Werbung
Werbung an potenzielle Kleinanleger in schriftlicher Form muss sich zunächst in ihrer Aufmachung und Länge hinreichend vom Wertpapierprospekt unterscheiden, sodass keine Verwechslung mit dem Prospekt möglich ist (vgl. Art. 14 Delegierte Verordnung). Darüber hinaus muss die Werbung nachfolgende inhaltliche Elemente enthalten:
- Das Wort „Werbung“ muss in der werblichen Mitteilung in deutlich sichtbarer Weise enthalten sein.
- Wenn die Werbung ein Verweis auf einen gebilligten Wertpapierprospekt enthält, so muss die Werbung die Erklärung enthalten, „dass die Billigung des Prospekts nicht als Befürwortung der angebotenen oder zum Handeln an einem geregelten Markt zugelassen Wertpapiere zu verstehen ist“.
- Wenn die Werbung einen Verweis auf einen gebilligten Wertpapierprospekt enthält, muss die Werbung weiter auch die Empfehlung enthalten, „dass potenzielle Anleger den Prospekt lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen“.
- Bei strukturierten Wertpapieren muss die Werbung in der Regel den nachfolgenden Warnhinweis enthalten: „Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das nicht einfach ist und schwer zu verstehen sein kann.“
Die Pflicht zur Aufnahme der formellen Hinweise kann infolge der begrenzten Zeichenanzahl z.B. bei Tweets oder Werbebanner im Internet zu praktischen Problemen führen. Entsprechende Einwände im Rahmen der Konsultation hielt die ESMA jedoch im Ergebnis nicht für überzeugend und wies vielmehr daraufhin, dass es etwa möglich sei, die Zeichenbegrenzung bei Twitter-Tweets zu umgehen, indem die Hinweistexte als Bild eingefügt werden (vgl. hierzu Schwark/Zimmer/Prescher, a.a.O., § 7 WpPG, Rn. 31 m.w.N.). Im Ergebnis führen die vorstehend dargestellten formellen Anforderungen im Ergebnis aber dazu, dass die Werbung gegenüber Kleinanlegern in einigen Fällen faktisch nur sehr schwer umzusetzen ist.
Wird die Werbung nicht in schriftlicher oder elektronischer Form, sondern in mündlicher Form verbreitet (z.B. bei Anrufen des Call Centers), so ist der Zweck der Werbung zu Beginn der Mitteilung eindeutig anzugeben.
c. Inhaltliche Anforderungen an die Werbung
Neben den vorerwähnten formellen Anforderungen muss die Werbung für Wertpapiere auch bestimmten inhaltlichen Anforderungen genügen (vgl. Art. 16 Delegierte Verordnung). Bei diesen inhaltlichen Anforderungen an die mündliche oder schriftliche Werbung handelt es sich nachfolgend um:
- Die Werbung darf den Informationen im Wertpapierprospekt nicht widersprechen.
- Die Werbung darf nicht auf Information verweisen, die im Widerspruch zu den im Prospekt enthaltene Information stehen.
- Die Werbung darf weiter die im Prospekt enthaltenen Informationen nicht in wesentlich unausgewogener Weise darstellen (z.B. stärkere Hervorhebung positiver Aspekte gegenüber negativen Aspekten, Auslassung bestimmter Informationen oder selektive Darstellung bestimmter Informationen).
- Die Werbung darf schließlich keine alternativen Leistungsmessgrößen (z.B. historische und künftige Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, die nicht den im geltenden Rechnungslegungsrahmen definierten finanziellen Messgrößen entsprechen) enthalten, es sei denn, diese sind bereits im Prospekt enthalten.
d. Geänderte Werbung im Fall eines Nachtrags zum Prospekt
Nach den Bestimmungen der Prospektverordnung sind im Fall eines Nachtrags zum Wertpapierprospekt weitere bestimmte werberechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen (vgl. Art. 15 Delegierte Verordnung).
Art. 15 Delegierte Verordnung verlangt eine Änderung der Werbung, wenn nach der ersten Verbreitung der Werbung ein Nachtrag zum Prospekt (vgl. Art. 23 Prospektverordnung) veröffentlicht wird und der im Nachtrag zum Prospekt genannte wichtige neue Umstand bzw. die darin genannte wesentliche Unrichtigkeit oder wesentliche Ungenauigkeit dazu führt, dass die zuvor verbreitete Werbung wesentliche ungenaue oder irreführende Informationen enthält.
Wenn dies der Fall ist, ist die geänderte Werbung nach der Veröffentlichung des Nachtragsprospekts den potentiellen Anlegern unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Die geänderte Werbung muss dabei Folgendes enthalten:
- Die geänderte Werbung muss einen eindeutigen Verweis auf die ungenaue oder irreführende Fassung der zuvor verbreiteten Werbung enthalten,
- die geänderte Werbung muss die Erklärung enthalten, „dass die Werbung geändert wurde, da sie wesentliche ungenaue oder irreführende Informationen enthielt“ und
- die geänderte Werbung muss schließlich eine klare Beschreibung der Unterschiede zwischen den beiden Fassungen der Werbung enthalten.
Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch wichtig, dass – mit Ausnahme der mündlich verbreiteten Werbung – die geänderte Werbung mindestens auf denselben Wegen zu verbreiten ist wie die vorherige Werbung (z.B. Auslage der geänderten Werbung in den Filialen).
2. Vertrieb mit Wertpapier-Informationsblatt
Kleine Wertpapieremissionen bedürfen nach dem deutschen Wertpapierprospektgesetz (WpPG) zwar keines gebilligten Wertpapierprospekts, aber sie dürfen nur mit einem von der BaFin gestatteten Wertpapier-Informationsblatt („WIB“) im Inland öffentlich angeboten werden (vgl. § 4 Abs. 1 S.1 und S. 2 WpPG). Hierbei handelt es sich um die nachfolgenden Wertpapieremissionen:
- Der jährliche Gesamtgegenwert einer Wertpapieremission im EWR-Raum beträgt nicht mehr als Euro 8 Mio. (sog. Kleinemission).
- Der jährliche Gegenwert einer Wertpapieremission im EWR-Raum beträgt zwischen Euro 100.000,00 und Euro 1.000.000,00 (sog. Kleinstemission).
Für die Kleinst- und Kleinemissionen bestimmt § 7 WpPG die rechtlichen Anforderungen an die Werbung. In systematischer Hinsicht verweist § 7 Abs. 6 WpPG zunächst auf die bereits dargestellten Werberegeln der Art. 13 bis Art. 16 Delegierte Verordnung. Das bedeutet, dass die vorerwähnten werberechtlichen Anforderungen beim Vertrieb mit Prospekt auch auf den Vertrieb mit einem WIB anzuwenden sind. Insoweit gelten die europarechtlichen Werberegeln auch für kleinere Wertpapieremissionen, für die kein Wertpapierprospekt erstellt werden muss.
Zum Teil wiederholend und zum Teil auch ergänzend zu den bereits dargestellten Werberegeln der Art. 13 bis 16 Delegierte Verordnung sieht § 7 Abs. 1 bis 5 WpPG nachfolgende werberechtliche Regeln bei einer Wertpapieremission mit einem WIB vor:
- In der Werbung ist darauf hinzuweisen, dass ein WIB veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo das WIB zu erhalten ist.
- Die Werbung muss wiederum als solche klar erkennbar sein.
- Die in der Werbung enthaltenen Informationen dürfen weder unrichtig noch irreführend sein und müssen mit der Information übereinstimmen, die in ein bereits veröffentlichen WIB enthalten sind oder in einem noch zu veröffentlichenden WIB enthalten sein müssen.
Dr. Ingo Janert (Stand: 08. August 2023, Bild von Falkenpost auf Pixabay)
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