In diesem Beitrag wird auf die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Director´s Dealings (Art. 19 MAR) als kapitalmarktrechtliche Grundpflicht eingegangen. Hierunter wird die Pflicht zur Offenlegung der Geschäfte von Führungskräften verstanden.
1. Einführung
Die Bestimmung des Art. 19 MAR zu den Veröffentlichungs-, Mitteilungs- und Dokumentationspflichten von Geschäften von Führungskräften (sog. Director´s Dealings) dient zum einen dazu, die Markttransparenz zu erhöhen. Zum anderen dient diese Bestimmung auch der Überwachung der Insiderhandelsverbote nach Art. 14 MAR. Es handelt sich um eine zentrale Bestimmung der Informationspflichten im Sekundärmarkt (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 354).
2. Voraussetzungen des Director´s Dealings
Nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 MAR haben Personen, die bei einem Emittenten Führungsaufgaben wahrnehmen oder in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen, eigene Geschäfte mit Finanzinstrumenten des Emittenten oder sich darauf beziehende Finanzinstrumente (z.B. Derviate) dem Emittenten und der BaFin unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Datum des Geschäfts mitzuteilen.
a. Sachlicher Anwendungsbereich
Der sachliche Anwendungsbereich des Director´s Dealings wird durch Art. 19 Abs. 4 MAR bestimmt. Danach gilt die Offenlegungsverpflichtung des Art. 19 MAR für Emittenten, deren Finanzinstrumente an einem regulierten Markt (§§ 32 ff. BörsG), an einem multilateralen Handelssystem (MTF, z.B. Freiverkehr gem. § 48 BörsG) oder an einem organisierten Handelssystem (OTF) notiert sind bzw. bei denen die Zulassung zum Handel zumindest beantragt (nicht: Beantragung zum OTF) worden ist.
b. Persönlicher Anwendungsbereich
Die Director´s Dealings-Verpflichtung trifft nach Art. 19 MAR Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen (vgl. Legaldefinition in Art. 3 Abs. 1 Nr. 25 MAR) sowie Personen, die mit einer solchen (Führungs-) Person in einer engen Beziehung stehen (vgl. Legaldefinition in Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 MAR). Danach sind insbesondere zur Offenlegung verpflichtet:
- Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgan des Emittenten (z.B. Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats),
- Führungskräfte beim Emittenten mit Zugang zu Insiderinformationen (z.B. erste Managementebene),
- Eng verbundene Personen mit den Führungspersonen (z.B. Ehegatten, unterhaltsberechtigte Kinder sowie andere Lebenspartner, die seit mindestens einem Jahr in demselben Haushalt leben, oder von der Führungsperson oder der eng verbundenen Person kontrollierte Gesellschaften).
Eigengeschäfte des Emittenten selbst (z.B. Erwerb eigener Aktien) fallen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des Art. 19 MAR.
c. Meldepflichtige Geschäfte
Nach Art. 19 Abs. 1 MAR wird jedes Eigengeschäft der Führungskraft oder der mit ihr in enger Beziehung stehenden Person erfasst. Der Begriff des Eigengeschäfts ist in konventionsautonomer Auslegung der MAR weit zu fassen, so dass z.B. bereits die schuldrechtlichen An- und Verkäufe von Finanzinstrumenten unter diesen Begriff fallen (h.M., vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 574). Weiter sind nach h.M. auch die Annahme und Ausübung von Aktienoptionen, die Leihe, die Verpfändung, die Schenkung und die Erbschaft mitteilungspflichtig (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 574, 577).
Erfasst werden Eigengeschäfte mit Aktien und Schuldtiteln (z.B. Anleihen) des Emittenten sowie jeweils hierauf bezogene Finanzinstrumente (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 573). Geschäfte mit Anteilen oder Aktien an einem Investmentvermögen sind meldepflichtig, sofern die Risikoposition gegenüber den Anteilen oder Schuldtiteln des Emittenten 20 % der vom Investmentvermögen gehaltenen Vermögenswerte übersteigt (Art. 19 Abs. 1a lit. a) MAR). Gleiches gilt auch für andere Finanzinstrumente, die eine Risikoposition gegenüber einem Portfolio von Vermögenswerten darstellen, bei denen die Risikoposition gegenüber den Anteilen oder Schuldtiteln des Emittenten 20 % der Vermögenswerte des Portfolios übersteigt (Art. 19 Abs. 1a lit. b) MAR).
d. Überschreiten der sog. Bagatellgrenze
Nach Art. 19 Abs. 8 und 9 MAR besteht die Mitteilungspflicht nicht, solange der Gesamtumsatz der Geschäfte einer der verpflichteten Personen insgesamt einen Betrag von Euro 20.000,00 bis zum Ende des Kalenderjahres nicht erreicht. Die BaFin hat durch Allgemeinverfügung die Meldeschwelle mit Wirkung zum 01. Januar 2020 von Euro 5.000,00 auf nun Euro 20.000,00 angehoben.
Ein Netting erfolgt hierbei nicht, so dass Kauf und Verkauf „gleicher“ Finanzinstrumente addiert und nicht gegeneinander aufgerechnet werden (Art. 19 Abs. 8 S. 2 MAR).
Es sind nur die nach Überschreiten der Bagatellgrenze vorgenommen Eigengeschäfte, nicht aber die davor erfolgten Geschäfte mitteilungspflichtig.
e. Keine Geschäfte in den sog. closed periods
Nach Art. 19 Abs. 11 MAR besteht ein Handelsverbot für ein Eigengeschäft der Führungskraft (nicht: der Führungskraft nahestehende Personen) für einen Zeitraum von 30 Kalendertagen vor Ankündigung des Jahresabschlusses oder des Zwischenberichts des Emittenten. Gleichfalls untersagt ist ein Geschäft für Dritte, das immer dann vorliegt, wenn die Person mit Führungsaufgaben im fremden Namen oder auf fremde Rechnung handelt (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 584).
Zweck des Handelsverbots ist es, den Insiderhandel durch Personen mit Führungsaufgaben innerhalb besonders sensibler Zeitfenster zu vermeiden (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 582). Das Handelsverbot gilt in folgenden Fällen nicht:
- außergewöhnliche Schwierigkeiten (Art. 19 Abs. 12 lit. a) MAR),
- Geschäfte im Rahmen von Belegschaftsaktienprogrammen/Sparplan (Art. 19 Abs. 12 lit b)),
- Ermächtigung der EU-Kommission, weitere Ausnahmen zuzulassen (Art. 19 Abs. 14 bis Abs. 15 MAR).
3. Rechtsfolgen des Director´s Dealings
Die nach Art. 19 Abs. 1 MAR verpflichteten Personen haben das Geschäft unverzüglich und spätestens innerhalb von drei Geschäftstagen nach dem Datum des Geschäfts dem Emittenten und der BaFin anzuzeigen. Der Inhalt und die Form der Mitteilung ergeben sich aus Art. 19 Abs. 6 MAR.
Der Emittent muss die erhaltene Mitteilung unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Geschäft veröffentlichen und an das Unternehmensregister übermitteln (Art. 19 Abs. 3 MAR). Der Emittent ist dabei verpflichtet, neben der Insiderliste (Art. 18 MAR) auch eine Liste der Führungskräfte und der zu ihnen in enger Beziehung stehenden Personen zu führen (Art. 19 Abs. 5 MAR). Den Emittenten trifft weiter auch die Pflicht, die Führungskräfte schriftlich über die Director´s Dealing-Pflichten zu belehren.
4. Sanktionen bei Verstößen gegen die Director´s Dealings-Verpflichtungen
Ein vorsätzlicher oder leichtfertiger (d.h. grob fahrlässiger) Verstoß gegen die Pflicht zur Meldung und Veröffentlichung von Eigengeschäften (Art. 19 Abs. 1 MAR) bzw. gegen das Handelsverbot des Art. 19 Abs. 11 MAR stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 120 Abs. 15 Nr. 17 bis 23 WpHG).
Ob Geschäfte, die unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 MAR oder gegen Art. 19 Abs. 11 MAR getätigt werden, gem. § 134 BGB nichtig sind, wird unterschiedlich beurteilt (vgl. hierzu nur Poelzig, a.a.O., Rn. 590). Da Art. 19 MAR nicht den Inhalt des Geschäfts, sondern nur die Umstände des Zustandekommen des Geschäfts verbietet, ist m.E. davon auszugehen, dass Geschäfte, die unter Verstoß gegen die Meldepflicht oder während der closed period getätigt worden sind, wirksam sind.
Schadensersatzansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 19 Abs. 1 oder Abs. 11 MAR scheiden nach richtiger h.M. mangels Schutzgesetzqualität des Art. 19 MAR aus.
Dr. Ingo Janert (Stand: 20. August 2024, Bild von rawpixel auf Pixabay)