Verbot der Marktmanipulation

In diesem Beitrag sollen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Verbots der Marktmanipulation (Art. 12 und 15 MAR) dargestellt werden. Danach ist es verboten, die Marktpreise von Finanzinstrumenten durch betrügerische Praktiken zu manipulieren.

1. Einführung

Die Marktmanipulation und der Versuch hierzu sind verboten (Art. 15 MAR). Das Verbot der Marktmanipulation schützt das Vertrauen der Anleger in die unverfälschte Preisbildung am Kapitalmarkt. Neben dem Schutz des einzelnen Anlegers dient das Marktmanipulationsverbot damit auch dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts.

2. Voraussetzungen der Marktmanipulation

Die Voraussetzungen der Marktmanipulation gem. Art. 12, 15 MAR sind nachfolgend:

a. Anwendungsbereich

Das Verbot der Marktmanipulation erfasst neben Finanzinstrumenten auch Emissionszertifikate. Darüber hinaus erweitert Art. 2 Abs. 2 lit. a) MAR den Anwendungsbereich des Verbots auch auf Waren-Spot-Kontrakte (z.B. Lieferung von Rohöl, Nahrungsmitteln oder Gold) mit Bezug zu Finanzinstrumenten und umgekehrt. Als Konsequenz aus den großangelegten Manipulationen der Leitzinssätze LIBOR und EURIBOR sind nach Art. 2 Abs. 2 lit. c) MAR auch betrügerische Handlungen mit Bezug zu Referenzwerten untersagt (Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 431) .

b. Einzelne Verbotstatbestände

Die nach Art. 15 MAR verbotenen Tathandlungen sind in Art. 12 MAR definiert. Art. 12 MAR bestimmt im Einzelnen, welche kapitalmarktrelevante Handlungen unter das Verbot der Marktmanipulation fallen. Hierzu gehören insbesondere:

  • Abschluss von Geschäften, Handelsaufträgen (Order) etc., die falsche oder irreführende Signale hinsichtlich Angebot, Nachfrage, Preis eines Finanzinstruments geben (Art. 12 Abs. 1 lit a) MAR),
  • Abschluss eines Geschäfts unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder Täuschung (Art. 12 Abs. 1 lit. b) MAR),
  • Verbreitung von Informationen, die falsche Signale hinsichtlich Angebot und Kurs eines Finanzinstruments herbeiführen (Art. 12 Abs. 1 lit. c) MAR),
  • Übermittlung falscher Angaben, Ausgangsdaten über Referenzwert, Manipulation des Referenzwerts (Art. 12 Abs. 1 lit. d) MAR).

Art. 12 Abs. 2 MAR definiert darüber hinaus zwingende Beispiele für Marktmanipulationen. Die Beispiele sind, wenn sie vorliegen, zwingend. Der Beispielskatalog ist aber nicht abschließend (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 434).

Die relativ abstrakt formulierten Tatbestände des Art. 12 MAR werden durch sog. Indikatoren in Anhang I der MAR in einer nicht abschließenden Aufzählung konkretisiert (Art. 12 Abs. 3 MAR). Es handelt sich hierbei um „Anzeichen“, die für die BaFin Anlass sind, in einer Einzelfallprüfung festzustellen, ob ein verbotenes Marktverhalten vorliegt (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 434).

Beispiele für solche verbotenen Marktmanipulationen i.S.d. Art. 12 Abs. 1 lit. a) und b) MAR sind:

  • Wash Sales: Durch fiktive Geschäfte („In-sich-Geschäft“) zwischen wirtschaftlich identischen Vertragspartnern wird den Marktteilnehmern Liquidität vorgetäuscht, die wiederum Liquidität anzieht.
  • Marking the Close: Durch echte Geschäfte zu bestimmten Zeitpunkten – etwa zum Handelsschluss – wird versucht, auf den Referenzkurs – etwa auf die Schlussnotierung – Einfluss zu nehmen.
  • Cornering bzw. Abusive Squeeze: Sicherung einer marktbeherrschenden Stellung in Bezug auf Angebot oder Nachfrage von Finanzinstrumenten, so dass dadurch Kaufs- oder Verkaufspreise oder andere unlautere Handelsbedingungen unmittelbar oder mittelbar festgesetzt werden.
  • Scalping: Täter gibt eine interessengeleitete Empfehlung für ein Finanzinstrument ab, das er zuvor bereits selbst erworben hat, um es im Anschluss an die Empfehlung unter Ausnutzung der für ihn günstigen Kursentwicklung zu veräußern.

Nach Art. 13 MAR fallen bestimmte zulässige Marktpraxishandlungen nicht unter das Verbot der Marktmanipulation, wenn die Zulässigkeit einer Marktpraxis von der zuständigen Kapitalmarktbehörde festgelegt wird.

3. Rechtsfolgen

Im Hinblick auf Rechtsfolgen ist zwischen den straf- und zivilrechtlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden:

a. Strafrechtliche Rechtsfolgen

Ein Verstoß gegen Art. 15 MAR kann entweder als Ordnungswidrigkeit (§ 120 Abs. 15 WpHG) oder – bei Vorsatz – auch als Straftat (§ 119 Abs. 1 WpHG i.V.m. § 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG) verfolgt werden.

b. Zivilrechtliche Rechtsfolgen

Das marktmanipulierte Geschäft ist wirksam und nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Grund hierfür ist, dass nur der manipulierende Marktteilnehmer und regelmäßig nicht auch dessen Vertragspartner gegen das Verbot der Marktmanipulation verstößt (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 479).

Auch eine Schadensersatzhaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 15 MAR kommt nach richtiger h.M. nicht in Betracht. Art. 15 MAR kommt keine Schutzgesetzqualität zu und der Gesetzgeber hat – anders in den §§ 97 ff. WpHG – insoweit auf eine spezialgesetzliche Haftung verzichtet.

Schließlich scheidet eine Schadensersatzhaftung gem. § 826 BGB regelmäßig auch aus, weil allein der Verstoß gegen Art. 15 MAR noch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB begründet.

(Stand: 31. Juli 2024, Bild von StockSnap auf Pixabay)