Das Insiderrecht statuiert des Weiteren ein sog. Empfehlungsverbot bzw. Verleitungsverbot. Danach ist es verboten, Dritten zu empfehlen, Insidergeschäfte zu tätigen, oder Dritte anzustiften, Insidergeschäfte zu tätigen (Art. 14 lit. b) MAR).
Die Voraussetzungen dieses Insiderhandelsverbots sind:
1. Verfügung über Insiderinformation
Die empfehlende oder anstiftende Person verfügt zunächst selbst über eine Insiderinformation i.S.v. Art. 7 MAR.
2. Empfehlung oder Anstiftung zu Insidergeschäften
Die Person empfiehlt oder stiftet jemand anderes an, Finanzinstrumente zu erwerben oder zu veräußern (Art. 8 Abs. 2 lit. a) MAR) oder einen entsprechenden Auftrag zu stornieren oder zu ändern (Art. 8 Abs. 2 lit. b) MAR).
Bei der Empfehlung handelt es sich um eine rechtlich unverbindliche Erklärung, die dem Erklärungsempfänger ein bestimmtes Verhalten als für ihn vorteilhaft darstellt, und von der Absicht getragen ist, den Willen des anderen in diese Richtung zu lenken (z.B. durch einen Tipp). Bei der Anstiftung handelt es sich insoweit um einen Auffangtatbestand (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 415).
3. Kenntnis der anderen Person
Die andere Person weiß oder muss wissen, dass eine Insiderinformation vorliegt (Art. 8 Abs. 3 MAR).
3. Rechtsfolgen
Im Hinblick auf Rechtsfolgen ist zwischen den straf- und zivilrechtlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden:
a. Strafrechtliche Rechtsfolgen
Jeder vorsätzliche Verstoß gegen eine Insiderhandelsverbot i.S.d. Art. 14 MAR begründet eine Strafbarkeit gem. § 119 Abs. 3 WpHG. Es ist nur vorsätzliches Verhalten strafbar.
Leichtfertige Insiderverstöße begründen gem. § 120 Abs. 14 WpHG i.V.m. § 119 Abs. 3 WpHG eine Ordnungswidrigkeit. Leichtfertig handelt dabei, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in grobem Maße außer Acht lässt und einfachste, nahe liegende Überlegungen unterlässt (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 474).
b. Zivilrechtliche Rechtsfolgen
Das unter Nutzung einer Insiderinformation abgeschlossene Geschäft ist wirksam und nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Grund hierfür ist, dass nur der Insider und regelmäßig nicht auch dessen Vertragspartner gegen das Insiderrecht verstößt (vgl. Poelzig, a.a.O., Rn. 479).
Auch eine Schadensersatzhaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 14 MAR kommt nach richtiger h.M. nicht in Betracht. Art. 14 MAR kommt keine Schutzgesetzqualität zu und der Gesetzgeber hat – anders in den §§ 97 ff. WpHG – insoweit auf eine spezialgesetzliche Haftung verzichtet.
Schließlich scheidet eine Schadensersatzhaftung gem. § 826 BGB regelmäßig auch aus, weil allein der Verstoß gegen Art. 14 MAR noch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB begründet.
Dr. Ingo Janert (Stand: 31. Juli 2024, Bild von Pexels auf Pixabay)