Manager: Insiderhandel in der Corona-Krise

Manager Insiderhandel

In diesem Beitrag soll darauf eingegangen werden, worauf Manager börsennotierter Unternehmen bei einem Aktienkauf in der Corona-Krise achten müssen, um sich nicht wegen Insiderhandel strafbar zu machen.

1. Börsenabsturz oftmals als Chance zum Aufstocken des Aktienbesitzes

Die Coronakrise des Jahres 2020 hat die Börsen weltweit abstürzen lassen. Der DAX hat beispielsweise im ersten Quartal 2020 ein Verlust von 25 Prozent erlitten. Allein im März 2020 wurde ein Minus von mehr als 16 Prozent verbucht. Viele Anleger nutzen den durch das Coronavirus verursachten Börsenabsturz aber auch dazu, den eigenen Aktienbesitz an dem ein oder anderen börsennotierten Unternehmen mit einem guten Einstiegskurs aufzustocken.

Auch Manager börsennotierter Unternehmen, wie z.B. die im DAX, MDAX oder SDAX notierten Unternehmen, können wie jeder Anleger auch in schwierigen Zeiten Aktien „ihres“ Unternehmens an- oder verkaufen. In guten Börsenzeiten wird der Aktienkauf der Führungsetage oftmals positiv bewertet als Ausdruck dafür, dass das Management von der Zukunft des eigenen Unternehmens überzeugt ist.

Auch in Krisenzeiten ist es der Führungsetage eines Unternehmens grundsätzlich erlaubt, die Aktien ihres Unternehmens zu kaufen oder zu verkaufen, wenn die Manager die kapitalmarktrechtlichen Grundpflichten, wie z.B. das Insiderhandelsverbot (Art. 14 lit a.) MAR), die Mitteilungspflichten des Director´s Dealings (Art. 19 Abs. 1 MAR) oder das Handelsverbot in den closed periods (Art. 19 Abs. 11 MAR), einhalten.

Gerade im Zuge der grassierenden Coronakrise stellt sich für viele börsennotierten Unternehmen nicht nur die Frage, ob die Hauptversammlung 2020 vertagt wird, sondern es stellt sich auch die Frage, inwieweit durch die wirtschaftliche Situation eine Insiderinformation entsteht, die ein Verbot des Insiderhandels für die Manager und – korrespondierend hierzu – eine ad hoc-Verpflichtung für das Unternehmen begründet.

2. Insiderinformationen in Zeiten der Corona-Pandemie

Art. 14 lit. a MAR ordnet an, dass das Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu verboten sind. Ein verbotenes Insidergeschäft i.S.v. Art. 8 MAR liegt vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert (Art. 8 Abs. 1  S. 1 MAR, Grundtatbestand des Insidergeschäfts).

Maßgeblich ist also danach, ob der Manager beim An- oder Verkauf von Aktien seines Unternehmens auf der Grundlage einer Insiderinformation i.S.v. Art. 7 MAR handelt oder nicht.

Eine Insiderinformation i.S.v. Art. 7 MAR ist dabei eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten (sog. Emittentenbezug) oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft (sog. Wertpapierbezug) und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen (sog. Kursbeeinflussungspontential).

Im Zuge der Corona-Pandemie kommen vor allem nachfolgende Umstände als Insiderinformationen in Betracht:

  • Die konkrete Notwendigkeit der Inanspruchnahme staatlicher Hilfen zur Bewältigung der Corona-Pandemie – z.B. in Gestalt der Beteiligung des Staates durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nach §§ 15 ff. Stabilisierungsfondsgesetz – FMStFG – stellt eine Insiderinformation dar, wenn ohne die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie negativ auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens auswirken. Auch ein verständiger Anleger würde eine solche Information aller Voraussicht nach für seine Anlageentscheidung berücksichtigen, wenn sich z.B. der WSF am Grundkapital des Unternehmens beteiligt.
  • Die zeitliche Verschiebung der Hauptversammlung 2020 und damit verbunden die Verschiebung der Dividendenbeschlussfassung stellt mit Blick auf Derivate, die sich auf die Wertpapiere des Emittenten beziehen, regelmäßig eine Insiderinformation dar. Hier dürfte im Hinblick auf das erhebliche Kursbeeinflussungspotential regelmäßig eine entsprechende Insiderinformation vorliegen.
  • Wirkt sich die zeitliche Verschiebung der Hauptversammlung 2020 im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit negativ auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Emittenten aus, kommt es mit Blick auf das Vorliegen einer Insiderinformation i.S.v. Art. 7 MAR darauf an, ob ein verständiger Anleger diese Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Dies dürfte im Regelfall anzunehmen sein, wenn sich die zeitliche Verschiebung der Hauptversammlung wirtschaftlich negativ auf das Unternehmen auswirken kann, so dass in solchen Fällen auch das Insiderhandelsverbot gilt.
  • Zeichnet sich bereits konkret ab, dass die ursprünglich avisierte Dividendenzahlung erheblich gekürzt oder gar ausfallen soll, so würde ein verständiger Anleger diese Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen mit der Folge, dass diese Information Kursbeeinflussungspotential hat. Auch in diesen Fällen ist auch von einer Insiderinformation im Sinne von Art. 7 auszugehen, die für die Führungsetage ein Insiderhandelsverbot begründet.

Die vorstehenden Beispielsfälle erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen nur exemplarisch verdeutlichen, dass Manager gerade in der aktuell wirtschaftlich angespannten Zeit im Hinblick auf die Verwendung von unternehmensinternen Informationen für einen Aktienkauf- oder –verkauf sehr umsichtig sein sollten.

3. Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot

Hat der Manager entgegen dem Insiderhandelsverbot des Art. 14 lit. a) MAR Aktien seines Unternehmens erworben oder veräußert, kommt es in strafrechtlicher Hinsicht vor allem darauf an, ob der Manager vorsätzlich (dann Straftatbestand) oder nur leichtfertig (dann Bußgeldtatbetand) gehandelt hat.

  • Ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des Art. 14 lit. a) MAR stellt gemäß § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG eine Straftat dar, die mit Geldstrafe oder mit Freistrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Nach allgemeiner strafrechtlicher Dogmatik muss dem Manager danach zumindest Eventualvorsatz (bedingter Vorsatz) im Hinblick auf die Verwirklichung des Insiderhandelsverbots nachgewiesen werden.
  • Ein nur leichtfertiger Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des Art. 14 lit. a) MAR stellt gemäß § 120 Abs. 14 WpHG eine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 120 Abs. 18 WpHG mit einer Geldbuße bis zu Euro 5 Millionen geahndet werden kann. Darüber hinaus sieht § 120 Abs. 18 WpHG weiter vor, dass die Ordnungswidrigkeit zulasten des Managers mit einer Geldbuße bis zum Dreifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden kann. Der wirtschaftliche Vorteil umfasst dabei erzielte Gewinne und vermiedene Verluste und kann geschätzt werden. Nach allgemeiner ordnungswidrigkeitenrechtlicher Dogmatik muss dem Manager danach zumindest der Vorwurf der Leichtfertigkeit gemacht werden können, d.h. es muss dem Manager nachgewiesen werden, dass er die gebotene Sorgfalt in außergewöhnlich hohem Maße im Zusammenhang mit dem Insiderhandelsverbot außer Acht gelassen hat (vgl. nur Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 10. Auflage, Heidelberg 2019, Rn. 442 m.w.N.).
  • „Naming und shaming“: Die BaFin ist des Weiteren gemäß § 125 Abs. 1 WpHG verpflichtet, jede Entscheidung über Maßnahmen und Sanktionen mit Blick auf das Insiderhandelsverbot öffentlich bekanntzumachen, wodurch eine öffentliche Stigmatisierung des betroffenen Managers droht. Unter bestimmten Voraussetzungen – etwa Unverhältnismäßigkeit der Bekanntgabe der personenbezogenen Daten – kann die BaFin die Entscheidung ohne Nennung der personenbezogenen Daten des Managers (d.h. in anonymisierter Form) bekannt machen oder die Bekanntmachung der Entscheidung aufschieben (§ 125 Abs. 3 WpHG).

Dr. Ingo Janert (Stand: 21. April 2020, Bild von Niek Verlaan auf Pixabay)

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