Die Finanzagentur des Bundes veröffentlichte am 22. November 2023 eine kurze und knappe Pressemitteilung, in der sie bekanntgab, dass der Bund zukünftig keine Linker mehr emittieren will. In diesem Beitrag erläutere ich, was die Finanzagentur des Bundes und was ein Linker ist.
1. Was ist die Finanzagentur?
Wir schreiben den Herbst 2023. Das Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 15. November 2023 hat die deutsche Politik erschüttert und eine Regierungskrise verursacht.
Das BVerfG entschied, das das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 nicht nicht verfassungsrechtlichen Anforderungen an notlagenbedingte Kreditaufnahmen entsprach und daher nichtig ist. Konkret ging es um nicht genutzte coronabedingten Kreditermächtigungen in Höhe von Euro 60 Milliarden, die von den Ampel-Parteien durch eine Zuführung an den „Energie- und Klimafonds“ (EKF), ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes, für künftige Haushaltsjahre nutzbar gemacht werden sollte. Die Zuführung erfolgte im Februar 2022 – also rückwirkend – für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2021. Der EKF wurde zwischenzeitlich in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt. Über die unmittelbare Wirkung für den KTF hinaus kann man davon ausgehen, dass auch weitere Finanzierungsinstrumente des Bundes, wie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), von der Entscheidung des BVerfG betroffen sind. Die Presserklärung des BVerfG finden Sie hier.
Der aufmerksame Leser wird vielleicht fragen, was das alles mit der Finanzagentur des Bundes zu tun hat. Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH (Finanzagentur) verantwortet das Schuldenmanagement, die Kreditaufnahme und das Cash-Management des Bundes und sie verwaltet den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) sowie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Die Finanzagentur des Bundes emittiert dabei Bundeswertpapiere, tätigt Geldmarkt- und Derivategeschäfte und steuert damit das Schuldenportfolio der Bundesrepublik Deutschland.
Alleiniger Gesellschafter der Finanzagentur ist der Bund, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen. An ihrem Sitz in Frankfurt am Main arbeiten rund 300 Mitarbeiter. Geschäftsführer sind Eva Grunwald und Dr. Tammo Diener (Foto: Finanzagentur des Bundes, Stand: 03. Dezember 2023).
Wenn also im politischen Berlin darüber diskutiert wird, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) von der Karlsruher Entscheidung betroffen ist oder innerhalb der Ampel-Regierung gefordert wird, dass „neue Schulden gemacht werden sollen“, so wird im Ergebnis die Finanzagentur des Bundes adressiert, die durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen unseren schuldenfinanzierten Bundeshauhalt finanziert.
2. Keine weitere Emission von Linker
Die Finanzagentur des Bundes veröffentlichte am 22. November 2023 sehr kurz und knapp, ihr Programm für inflationsindexierte Anleihen einzustellen:
„Bund stellt Programm für inflationsindexierte Anleihen ein
Der Bund hat entschieden, sich aus dem Markt für inflationsindexierte Anleihen zurückzuziehen: Ab 2024 werden keine weiteren inflationsindexierten Bundeswertpapiere neu emittiert oder bereits ausstehende Papiere aufgestockt.
Die aktuell ausstehenden inflationsindexierten Bundeswertpapiere werden weiterhin am Markt handelbar sein. Das verbleibende Programm umfasst vier Papiere mit einem Gesamtvolumen von aktuell 66,25 Mrd. Euro und Restlaufzeiten zwischen rund 2,5 und 22,5 Jahren.“
Presseerklärung der Finanzagentur des Bundes vom 22. November 2023, abrufbar unter https://www.deutsche-finanzagentur.de/
In der Fachsprache wird eine inflationsindexierte Staatsanleihe als „Linker“ bezeichnet. Der Begriff „Linker“ stammt von der englischen Bezeichnung „Inflation-Linked Bonds“ (inflationsindexierte Anleihen). Eine inflationsindexierte Staatsanleihe ist rechtlich betrachtet ein Finanzinstrument. Eine Erläuterung, was ein Finanzinstrument ist, findet Sie hier.
3. Wie funktioniert ein Linker?
Bei einer inflationsindexierten Staatsanleihe handelt es sich um komplexes Finanzinstrument, bei dem sich der Zinsbetrag und der Rückzahlungsbetrag an der Inflationsrate orientieren.
Die Finanzagentur berechnet hierfür regelmäßig einen als „Index-Verhältniszahl“ bezeichneten Koeffizienten, der die Inflationsentwicklung abbildet. Für die Berechnung der Zinsen wird der feste Nominalzins der Anleihe (Kupon) mit diesem Koeffizienten multipliziert und so der tatsächliche Zinsbetrag ermittelt. Für die Berechnung des Rückzahlungsbetrages wird der Nominalwert der Anleihe am Fälligkeitstag auch mit dem Koeffizienten multipliziert und auf diese Weise der genaue Rückzahlungsbetrag ermittelt.
Durch diese Funktionsweise inflationsindexierter Staatsanleihen können sich Anleger also gegen eine hohe Inflation absichern und somit das investierte Kapital real erhalten.
Die Finanzagentur selbst gibt keine Begründung in ihrer Presseerklärung vom 22. November 2023, warum sie ihr Programm für inflationsindexierten Anleihen auslaufen lässt. Da diese Form der Finanzierung aber für den Bundeshaushalt teurer ist als eine nominal festverzinsliche Staatsanleihe, spricht aus meiner Sicht einiges dafür, dass dies der Grund sein könnte.
Dr. Ingo Janert (Stand: 03. Dezember 2023, Bild von Pixabay)