Ernüchternd: Verhaltenes Anlegerinteresse an Nachhaltigkeitsfonds

Windturbine

Wie sich aus den am 21. November 2023 durch den BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) veröffentlichten Zahlen ergibt, zeigen die Anleger bislang nur ein verhaltenes Interesse an sog. Nachhaltigkeitsfonds.

1. Zurückhaltendes Investmentverhalten

Die absoluten Zahlen im Zeitraum vom 01. Januar 2023 bis 30. September 2023 sehen zunächst einmal positiv aus: Die deutschen Anleger halten per 30. September 2023 Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen im Gesamtwert von Euro 866 Milliarden. Hiervon entfällt der deutlich größere Anteil von Euro 674 Milliarden auf Publikumsfonds und der kleinere Anteil von Euro 192 Milliarden auf Spezialfonds. Eine Erläuterung der verschiedenen Fondstypen finden Sie hier.

In den ersten 9 Monaten dieses Jahres stieg das Vermögen von nachhaltigen Publikumsfonds von Euro 619 Milliarden auf Euro 674 Milliarden, d.h. um annähernd 9 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg das Vermögen von nachhaltigen Spezialfonds von Euro 136 Milliarden auf Euro 192 Milliarden, d.h. um 41 Prozent. Der auf den ersten Blick recht hohe Vermögensanstieg um 41 Prozent bei den Spezialfonds wird aber dadurch relativiert, dass nach Einschätzung des BVI der Zuwachs vor allem auf Umklassifizierungen bestehender Produkte zurückzuführen war.

Im dritten Quartal 2023 verlief das Neugeschäft in der Fondsbranche nicht positiv: Im Saldo flossen 4 Milliarden Euro aus Publikumsfonds und 0,3 Milliarden Euro aus Spezialfonds ab. Gründe für das schlechte Neugeschäft im dritten Quartal 2023 gibt der BVI nicht an. Denkbare Gründe sind noch immer die recht hohe Inflation und die Erwartung einer sich weiter abschwächenden Konjunktur, die das Interesse am Neugeschäft trübt.

2. Auswirkungen der Taxonimieverordnung?

Seit dem 1. Januar 2023 sind nach der Taxonmieverordnung Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verpflichtet, im Rahmen der Jahresberichte auch Informationen zum Portfolioanteil taxonomiekonkonformer Anlagen bereitzustellen. Die Taxonmieverordnung klassifiziert wirtschaftliche Aktivitäten anhand ihres Beitrages zu den Klima- und Umweltzielen der EU.

Ganz aussagekräftig sind die veröffentlichen Zahlen des BVI wohl auch deshalb nicht, weil nach Auskunft des BVI per 30. September 2023 nur für 44 Prozent der in Deutschland gehaltenen Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen Daten zur Verfügung standen. Nach Einschätzung des BVI soll sich die Datenlage in den kommenden Monaten aber verbessern.

Ernüchternd dürfte vor allem noch die nachfolgende Feststellung des BVI sein:

Bereits jetzt lässt sich absehen, dass taxonomiekonforme Investitionen in allen Anlagenklassen nur einen kleinen Anteil an den Portfolien ausmachen. Bei vier von fünf Fonds, die Quoten berichten, beträgt er sogar Null – und selbst bei Fonds, die eine positive Taxonomiequote ausweisen, liegt sie im Schnitt bei gerade einmal 2,6 Prozent.“

BVI, Der nachhaltige Fondsmarkt im dritten Quartal 2023, S. 2

Der BVI führt dies vor allem auch darauf zurück, dass erst in diesem Jahr die Auslegungshinweise und weitere technische Kriterien veröffentlicht wurden. Dass sich dieses Ergebnis mit einer unzureichenden Umsetzung der Taxonomieverordnung allein erklären lässt, daran habe ich meine Zweifel.

Dafür, dass das Thema der Nachhaltigkeit viele öffentlichen Debatten bestimmt, verhalten sich die Anleger doch sehr zurückhaltend, wenn es um ein Investment in nachhaltige Finanzprodukte geht. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend nicht verstetigt, damit auch der Kapitalmarkt seinen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leistet.

Dr. Ingo Janert (24. November 2023, Bild von MemoryCatcher auf Pixabay)