Fehlendes Wissen hemmt Aktienanlage

Wissen

Dem Rätsel, warum in Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen Industriestaaten so wenige Anleger am Aktienmarkt investieren, widmet sich die Anfang Dezember 2019 vorgestellte Studie mit dem Titel „Zum Rätsel der Aktienmarktteilnahme in Deutschland. Die 44-seitige Studie wurde von der Frankfurt School of Finance & Management und der Goethe-Universität Frankfurt a.M. im Auftrag der Deutschen Börse AG erstellt und Anfang Dezember 2019 veröffentlicht. Die Ergebnisse der Studie zeigen aber auch, dass oft fehlendes Wissen Menschen hemmt, am Kapitalmarkt tätig zu werden.

1. Methodik der Studie „Zum Rätsel der Aktienmarktteilnahme in Deutschland“

Der Studie lag eine im Mai 2019 durchgeführte Online-Umfrage mit 2.761 Teilnehmern zugrunde, wobei 24 Prozent hiervon Aktienbesitzer und 76 Prozent Nicht-Aktienbesitzer waren. Den Studienteilnehmern wurden 37 Aussagen zum Thema Aktienmarktteilnahme (z.B. „Mir fehlt das Wissen, wie man am Aktienmarkt investiert.“) vorgegeben.

Mit Blick auf den Bildungsstand hatten 45 % der Studienteilnehmer Abitur und 29 % verfügten zudem noch über einen Hochschulabschluss. Diese Bildungsquote dürfte in etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt entsprechen.

2. Wesentliche Ergebnisse der Studie

Die fachlich fundierte Studie kann das Rätsel, warum viele Personen in Deutschland nicht am Aktienmarkt teilnehmen, doch weitgehend lösen und die Ergebnisse überraschen denn auch nicht wirklich (vgl. Seite 7 der Studie). Unter der Mehrheit der Nicht-Aktienbesitzer wurde für die Nichtteilnahme am Aktienmarkt

  • die Sorge vor einer ökonomischen Katastrophe
  • die generelle Verlustangst
  • ein zu kleines Vermögen
  • ein zu geringes Finanzwissen  
  • das fehlendes Vertrauen in den Aktienmarkt sowie
  • die Angst vor Betrug genannt.

Dabei hatten mehr Frauen als Männer die Besorgnis, über ein zu geringes Finanzwissen zu verfügen. Aber abgesehen hiervon waren die vorstehend genannten Bedenken bei Frauen und Männern gleichermaßen und auch über alle Einkommensschichten hinweg mehrheitlich anzutreffen.

3. Bedeutung des Finanzwissens für die Teilnahme am Aktienmarkt

Die Studie widmet sich in einem eigenen Kapitel – dem Kapitel 3 auf den Seiten 26 bis 31 – der Bedeutung des Finanzwissens für die Aktienmarktteilnahme.

a. Geringeres Finanzwissen der Nicht-Aktienbesitzer

Im Rahmen der Studie wurde unter anderem ein Finanzwissenstest mit fünf Standardfragen mit den Studienteilnehmern durchgeführt. Den Finanzwissenstest können Sie hier auch selbst machen.

Die Studie kommt zu einem doch recht erstaunlich deutlichen Ergebnis: Während im Median Aktienbesitzer 4 der 5 Fragen des Finanzwissenstests richtig beantworten konnten, konnten die Nicht-Aktienbesitzer hingegen nur 2 der 5 Fragen richtig beantworten (vgl. S. 29 der Studie).

Dass gerade die Nicht-Aktienbesitzer im Finanzwissenstest im Vergleich zu den Aktienbesitzern so schlecht abschnitten, korreliert denn auch mit dem Ergebnis der Studie, wonach 65 Prozent der befragten Nicht-Aktienbesitzer ihr Wissen für eine Aktieninvestition für zu gering hielten (vgl. S. 28 der Studie).

b. Meistgenannte Aspekte des fehlenden Finanzwissens

Die Studie untersuchte des Weiteren, wie die Nicht-Aktienbesitzer zu der Einschätzung gelangen, dass ihr Finanzwissen für eine Aktieninvestition zu gering sei. In diesem Zusammenhang ist es denn auch wichtig zu verstehen, was Nicht-Aktienbesitzer als ein für eine Aktienanlage notwendiges Finanzwissen halten. Am häufigsten wurden die nachfolgend genannten fünf Themen als notwendiges Finanzwissen für eine Aktieninvestition genannt (vgl. S. 30 der Studie):

  • Gebühren (8 Prozent)
  • Risiko (8 Prozent)
  • Einzelaktienhistorie (7 Prozent)
  • Unternehmenshintergrund allgemein (7 Prozent)
  • Gewinnpotenzial (6 Prozent).

c. Weitgehend unbekannter Begriff des „ETF“

Die Studie fand anhand einer weiteren Frage des Fragebogens zudem heraus, dass 72 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer mit dem Begriff „Exchange Traded Fund (ETF)“ nichts anfangen konnten. Nur 8 Prozent der Befragten wussten, was dieser Begriff bedeutet (vgl. S. 31 der Studie).

4. Fazit

Mit Blick auf die Frage, welche Bedeutung das Wissen für die Teilnahme am Aktienmarkt hat, gibt die Studie „Zum Rätsel der Aktienmarktteilnahme in Deutschland“ doch recht deutlich Auskunft, auch wenn die Ergebnisse nicht jedem gefallen dürften: Die Nicht-Aktienbesitzer konnten nur 2 der 5 Fragen des durchgeführten Finanzwissenstests richtig beantworten. Mit dem Begriff „ETF“ als Anlageklasse zur breit gestreuten und kostengünstigen Aktieninvestition konnten 72 Prozent der befragten Nicht-Aktienbesitzer nichts anfangen.

Die Studie zeigt m.E. sehr deutlich, dass gerade auch das fehlende Wissen in Finanzfragen viele Menschen in Deutschland davon abhält, am Kapitalmarkt zu investieren. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sollte es daher das Ziel sein, möglichst vielen Menschen die Grundlagen dafür an die Hand zu geben, dass sie objektiv und auch subjektiv in der Lage sind, am Kapitalmarkt tätig zu sein. Ein Lösungsansatz hierfür wäre z.B. ökonomische Bildung als Schulfach. Auch dieses Projekt verfolgt das Ziel, möglichst vielen Menschen die Grundlagen des Kapitalmarkts zu vermitteln.

Dr. Ingo Janert (Stand: 03. Dezember 2019, Bild von Nikolay Georgiev auf Pixabay)

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