In diesem Beitrag soll auf die Organisation einer Börse in Deutschland , insbesondere auf ihre Organe und deren Kompetenzen, im Einzelnen eingegangen werden.
1. Unterscheidung zwischen Börse und Börsenträger
Von dem Begriff der Börse ist die Börsenträgerschaft zu unterscheiden. Die Einrichtung, die gemeinhin als Börse wahrgenommen wird, besteht aus zwei rechtlich selbständigen Organisationen: Einerseits aus dem öffentlich-rechtlichen Handelsveranstalter (in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts) sowie andererseits aus der privatrechtlichen Versorgungseinrichtung des Handelsveranstalters (z.B. in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft). Beispiel hierfür ist die Börse Berlin AG als Trägerin der Börse Berlin.
Die Unterscheidung zwischen Börse und Börsenträgerschaft hat wichtige praktische Auswirkungen. Während z.B. die Börse als Anstalt des öffentlichen Rechts die ihr nach dem Börsengesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten (z.B. Zulassung der Wertpapiere zum Handel oder Preisfeststellung) wahrnimmt, nimmt der Börsenträger am Privatrechtsverkehr teil, indem er etwa das Eigentum an den Börseneinrichtungen erwirbt oder Arbeitsverträge mit den Angestellten schließt.
Trotz der rechtlich klaren Trennung zwischen Börse und Börsenträgerschaft nimmt der Börsenträger faktisch erheblichen Einfluss auf die Börse. So sind etwa die Vorstandsmitglieder des Börsenträgers (z.B. der Deutschen Börse AG) zugleich oft auch Mitglieder der Börsengeschäftsführung (z.B. der FWB).
2. Innere Organisation der Börse
Die Börse ist als Anstalt des öffentlichen Rechts – wie jede andere Gesellschaft des Privatrechts auch – nur durch ihre Organe handlungsfähig. Die in den Börsenorganen tätigen Einzelpersonen werden als Organwalter bezeichnet.
a. Börsengeschäftsführung
Die Börse wird durch eine hauptberufliche Geschäftsführung geleitet, die die Börse in eigener Verantwortung führt und sie nach außen vertritt (§ 15 BörsG). Die Börsengeschäftsführung leitet die Börse in eigener Verantwortung und vertritt die Börse gerichtlich und außergerichtlich, soweit nicht der Träger der Börse zuständig ist. Der Börsengeschäftsführung obliegt auch das Hausrecht in der Börse.
Die wichtigsten Kompetenzen der Börsengeschäftsführung sind:
- Zulassung von Unternehmen, Personen sowie von Kapitalmarkttiteln zum Handel
- Regelung der Organisation sowie des Geschäftsablaufes der Börse
- Aufrechterhaltung der Ordnung und ordnungsgemäßen Benutzung der Börseneinrichtungen
b. Börsenrat
Der aus höchstens 24 Personen besetzte Börsenrat nimmt die Rechtssetzungs- und Überwachungsaufgaben in der Börse wahr (§ 12 BörsG).
Die wichtigsten Aufgaben des Börsenrats sind (vgl. § 12 Abs. 2 BörsG):
- Erlass der Börsenordnung und der Gebührenordnung, der Bedingungen für Geschäfte an der Börse, der Zulassungsordnung für Börsenhändler und der Handelsordnung für den Freiverkehr
- Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer
- Zustimmung zu Entscheidungen der Börsengeschäftsführung von grundlegender Bedeutung
c. Sanktionsausschuss
Der Sanktionsausschuss kann angerufen werden, wenn Marktteilnehmer oder Emittenten gegen börsenrechtliche Vorschriften verstoßen haben oder die Börsenaufsicht die Einberufung verlangt. Der Sanktionsausschuss sanktioniert vorsätzliche und leichtfertige Verstöße der Handelsteilnehmer gegen Börsennormen (§ 22 BörsG).
d. Handelsüberwachungsstelle
Die Handelsüberwachungsstelle (HÜST) als eigenständiges Börsenorgan überwacht den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsabwicklung (§ 7 BörsG). Hierzu erfasst sie alle Daten über den Börsenhandel und die Geschäftsabwicklung, wertet sie aus und führt ggf. notwendige Ermittlungen durch. Treten Unregelmäßigkeiten auf, informiert die HÜST die Börsengeschäftssführung und die Börsenaufsicht.
e. Börsenteilnehmer
Handelsteilnehmer am Handel sind die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen, Börsenhändler und Börsenmakler (§ 19 Abs. 1 BörsG).
In der Praxis gehören typischerweise Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen zu den Handelsteilnehmern. Privatanleger können hingegen nicht zum Börsenhandel zugelassen werden, sondern können nur mittels zwischengeschalteter Finanzintermediäre (z.B. Kreditinstitute) am Börsenhandel teilnehmen (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 164).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass die Emittenten eines Wertpapiers, d.h. die Unternehmen, deren Wertpapiere an der Börse gehandelt werden, selbst nicht als Börsenteilnehmer am Handel teilnehmen (vgl. Poelzig, Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, München 2021, Rn. 168).
Dr. Ingo Janert (Stand: 06. November 2022, Bild von skeeze auf Pixabay)