In diesem Beitrag soll auf das Pre-Marketing im Investmentrecht eingegangen werden und das Pre-Marketing vom regulierten Vertrieb des Investmentvermögens (§ 293 KAGB) abgegrenzt werden.
Im Vorfeld des eigentlichen Vertriebs von Investmentanteilen besteht auf Seiten der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) regelmäßig das Interesse, erste Kontakte gegenüber potenziellen Investoren zu knüpfen, ohne dass dabei bereits die Schwelle zum regulierten Vertrieb überschritten wird. Dieser unregulierte Spielraum im Vorfeld des regulierten Vertriebs (§ 293 KAGB) wird als Pre-Marketing verstanden.
Bewegen sich die Erkundungsmaßnahmen der KVG (z.B. beim Fundraising) noch in der Pre-Markting-Phase, bewegt sich die KVG im unregulierten Bereich. Überschreiten die Erkundungsmaßnahmen hingegen die Schwelle zum Vertrieb, bedarf die KVG entweder einer Erlaubnis (verbunden mit der vollständigen Einhaltung aller anwendbaren Vorschriften des KAGB) oder zumindest einer Registrierung. Die Registrierung als kostengünstigere Variante kommt vor allem in den nachfolgenden Konstellationen in Betracht:
Das Pre-Marketing im Vorfeld des regulierten Vertriebs lässt sich vereinfachend dahingehend abgrenzen, dass alles, was noch kein Vertrieb ist, als unreguliertes Pre-Marketing qualifizieren ist.
a) Die BaFin grenzt das Pre-Marketing vom Vertrieb wie folgt ab: Das Anbieten und Platzieren im Sinne von § 293 KAGB bezieht sich auf ein Investmentvermögen. Ein Investmentvermögen liegt nach Ansicht der BaFin insbesondere in zwei Fällen vor:
Die BaFin vermutet, dass ein Investmentvermögen bereits aufgelegt oder angebotsreif ist, wenn das Investmentvermögen unter einem bestimmten Namen firmiert (z.B. Fonds „XY Aktien Chance Pus“).
b) Die vorstehende Abgrenzung der BaFin ist zwar auf den ersten Blick einleuchtend, aber es stellt sich die Frage, wann ein Investmentvermögen konkret angebotsreif ist. Nach der Verwaltungsauffassung der BaFin reicht nicht jede Lücke in den Musteranlagebedingungen aus, sondern nur eine bestimmte Lücke, nämlich eine solche, die noch zu verhandelnde Inhalte betrifft.
Die Autoren El-Qalqili und Winands stellen in ihrem lesenswerten Aufsatz „Rechtliche Risiken bei Private Equity und Venture Capital Fundraisings“ (BKR 2019, S. 231 ff.) für die konkrete Abgrenzung auf das Wesentlichkeitskriterium ab, das nach Auffassung der Autoren das Kriterium der Angebotsreife ergänzt (vgl. El-Qalqili/Winands, BKR 2019, S. 231, 233).
Aus meiner Sicht ist nicht ein zusätzliches Kriterium für die Bestimmung der Angebotsreife notwendig, sondern es ist vielmehr zu fragen, ob aus Sicht eines verständigen Anlegers ein zeichnungsfähiges Produkt („verhandelbare Lücken“) vorliegt. Es ist also entscheidend, ob der Anleger eine Anlageentscheidung treffen kann oder nicht. Danach ist im Hinblick auf die verhandelbaren Lücken und daher mit Blick auf die Angebotsreife wie folgt zu unterscheiden:
Da der Vertriebsbegriff des § 293 KAGB nicht auf ein Vorwissen des angesprochenen potentiellen Investors abstellt, kommt es nach richtiger Auffassung auf das Vorwissen des Investors nicht an (vgl. El-Qalqili/Winands, BKR 2019, S. 231, 234).
Dr. Ingo Janert (Stand: 18. Januar 2020, Bild von rawpixel auf Pixabay)
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