Finanzvertriebsrecht

Begriff der Werbung im Kapitalmarktrecht

In diesem Beitrag soll auf den Begriff der Werbung im Kapitalmarktrecht näher eingegangen werden.

1. Gesetzliche Definition im Prospektrecht

Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Werbung findet sich lediglich für Wertpapiere in Art. 2 lit. k) der EU-Prospektverordnung 2017/1129 vom 14. Juni 2017 („ Prospektverordnung“).

Danach ist Werbung jede Mitteilung, die sich auf ein spezifisches öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt bezieht und die darauf abstellt, die potenzielle Zeichnung oder den potenziellen Erwerb von Wertpapieren gezielt zu fördern. Auch im Investment- und Vermögensanlagerecht wird jeweils ein ähnlicher Werbebegriff vertreten (vgl. Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, München 2017, § 302 KAGB, Rn. 2 sowie Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, Berlin 2017, § 12 VermAnlG, Rn. 9 f.).

Verallgemeinernd kann man danach unter Werbung jede öffentliche Mitteilung verstehen, die sich auf ein bestimmtes Kapitalmarktprodukt bezieht und die darauf abzielt, den Absatz dieses Kapitalmarktprodukts zu fördern.

2. Einzelheiten zur Werbung

Der Werbungsbegriff wird dabei allgemein weit verstanden (vgl. nur Schwark/Zimmer/Prescher, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Aufl. 2020, WpPG § 7 Rn. 9). Der Begriff der Werbung umfasst daher etwa Werbung im Printbereich, elektronische Werbung im Internet, per E-Mail oder in den sozialen Netzwerken (z.B. Twitter, Instagram oder Facebook) sowie Materialien/Präsentationen, die auf Roadshows verteilt werden. Auch nur mündlich verbreitete Werbung (z.B. Anrufe von Call Centern) und andere Fälle nicht verkörperter Werbung etwa über Fernsehen, Radio oder Streamingdienste fallen unter den Werbebegriff (vgl. nur Schwark/Zimmer/Prescher, a.a.O.).

Mangels Bezug zu einem bestimmen Kapitalmarktprodukt sind Werbeerzeugnisse, wie z.B. Werbegeschenke mit Aufdrucken wie Kugelschreiber, Bälle, Kappen, Streichhölzer etc., keine Werbung, auch wenn diese etwa mit den Marken- oder Produktnamen von Kapitalmarktprodukten bedruckt sind (vgl. nur Schwark/Zimmer/Prescher, a.a.O., § 7 WpPG, Rn. 10).

3. Abgrenzung zum Pre-Marketing

Die Frage, ob eine werbliche Maßnahme bereits als Werbung einzuordnen ist, ist dabei von großer praktischer Bedeutung: Werbliche Maßnahmen, die noch nicht als Werbung im rechtlichen Sinne zu qualifizieren sind (sog. Pre-Marketing), unterliegen nicht den werberechtlichen Anforderungen mit der Folge, dass für sie keine vertriebsrechtlichen Einschränkungen gelten. Erreicht eine werbliche Maßnahme allerdings erst einmal die Stufe der Werbung, dann sind eine Vielzahl von werberechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen.

Dr. Ingo Janert (5. Januar 2020, Bild von narciso1 auf Pixabay)

ijanert

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