Die Kommission hat am 24. Juli 2020 ihren Vorschlag zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte zur Bewältigung der Corona-Virus-Pandemie vorgestellt. In diesem Beitrag soll auf die geplanten Änderungen der Prospektverordnung, der MiFID II und der Verbriefungsvorschriften eingegangen werden.
Der Aktionsplan der Kommission zur wirtschaftlichen Erholung der Kapitalmärkte (Capital Markets Recovery Package) besteht
Zentrales Element im Bereich der geplanten Änderungen der Prospektverordnung (VO (EU) Nr. 2017/1129) ist die Schaffung eines sog. „EU-Wiederaufbauprospekts“ (EU Recovery prospectus). Mithilfe dieses Kurzprospekts soll eine schnelle Rekapitalisierung von Unternehmen ermöglicht werden und Emittenten in die Lage versetzt werden, zu Beginn des Erholungsprozesses öffentliche Märkte für sich zu erschießen.
Der EU-Wiederaufbauprospekt zeichnet sich vor allem durch die nachfolgenden Merkmale aus:
Die Kommission bringt den geplanten EU-Wiederaufbauprospekt auf die einfache Formel, dass der neue Kurzprospekt für die Emittenten leicht zu erstellen, für Anleger leicht zu verstehen und für die zuständigen nationalen Behörden leicht zu prüfen sein soll. Hierbei handelt es sich m.E. mit Blick auf den Umfang heutiger Emissionsprospekte um die richtige Grundidee.
Darüber hinaus soll die Mittelbeschaffung für Finanzintermediäre (wie z.B. Geschäfts- oder Investmentbanken) erleichtert werden. Die wesentlichen Erleichterungen hierbei sind:
Das Europäische Parlament und der Rat müssen insoweit dem Kommissionsvorschlag noch zustimmen. Soweit der Kommissionsvorschlag in Kraft getreten ist, gelten die Änderungen der Prospektverordnung unmittelbar in den Mitgliedsstaaten.
Weiteres zentrales Element des Kommissionsvorschlages sind vorgezogene Änderungen der MiFID II-Richtlinie (RL 2014/65/EU).
Die MiFID II-Richtlinie enthält Vorschriften für Wertpapierfirmen, die an den europäischen Finanzmärkten tätig sind. Die Bestimmungen von MiFID II geben vor, wie Wertpapierfirmen mit Anlegern kommunizieren sollen, und wie sie die Märkte, an denen der Handel stattfindet, organisieren sollen.
In der Praxis hatte sich bereits gezeigt, dass einige MiFID II-Regelungen nicht notwendig oder für die Wertpapierfirmen sehr belastend waren. Die Corona-Virus-Pandemie hat insoweit zu einer Beschleunigung des entsprechenden EU-Gesetzgebungsprozesses geführt. Um die regulatorischen Anforderungen zu reduzieren, sieht der Aktionsplan vor allem nachfolgende Änderungen vor:
Auch im Hinblick auf die geplanten MiFID II-Änderungen bedarf es noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates. Die Änderungen an der MiFID II-Richtlinie müssen indes von den Mitgliedstaaten erst noch in nationales Recht umgesetzt werden.
Schließlich umfasst der Aktionsplan der Kommission zur Stärkung der Kapitalmärkte gezielte Änderung der Vorschriften über die Verbriefung (Verbriefungsverordnung, VO (EU) Nr. 2017/2402) sowie Eigenkapitalverordnung, VO (EU) Nr. 575/2013).
Unter einer Verbriefung versteht man dabei das Verfahren, bei dem ein Kreditgeber durch Bündelung von Forderungen (z.B. von Autokrediten) ein Finanzinstrument auflegt und Anlegern zum Kauf anbietet. Durch die Verbriefung wird der Zugang zu einem breiten Spektrum von Anlegern erleichtert, die Liquidität so erhöht und bei den Banken Kapital für neue Kredite freigesetzt.
Die neuen Verbriefungsvorschriften der EU – STSSR und der CRR – bestehen seit Januar 2019. Ziel des Kommissionsvorschlages ist es dabei, Bankenkapital freizusetzen und die Banken bei ihren Bemühungen zu unterstützen, ihre Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen auszuweiten. Die geplanten Änderungen sollen
Die geplanten Änderungen im europäischen Verbriefungsrecht sind m.E. mit Blick auf den Schutz der Anleger nicht ganz unkritisch zu beurteilen. Insoweit bleibt allerdings der weitere EU-Gesetzgebungsprozesses abzuwarten.
Sobald sich das europäische Parlament und der Rat auf die von Kommission vorgelegten Legislativvorschläge geeinigt haben, kann auch der geänderte europäische Verbriefungsrahmen – wie auch die Änderungen der Prospektverordnung – unmittelbar in den Mitgliedstaaten in Kraft treten.
Dr. Ingo Janert (Stand: 03. August 2020, Bild von almathias auf Pixabay)
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